Trojaburg
 
 

Der Ahnenreiseführer - Europa

Die älteste Megalithik / Großsteinbauten
Cairn von Gavrinis - Prototyp der Stufenpyramide
Steinkreis von Carnac
Kragenflasche der japanischen Yomon-Kultur
Gefäße der Trichterbecherkultur

Der Ahnenreiseführer - Europa setzt die Reihe der Reiseführer zu frühgeschichtlichen Stätten fort und dehnt den Betrachtunswinkel auf europäische Stätten aus.
Der Schwerpunkt dieses Bandes liegt auf den wohl imposantesten frühgeschichtlichen Bauwerken - den europaweit zu besichtigenden Großsteinbauten, den sogenannten Megalithwerken. Diese entstehen der Lehrmeinung zufolge seit dem Beginn des 5 Jahrtausends im Südwesten Europas und breiten sich entlang der Küsten der Nordsee und des Mittelmeeres aus. Nachdem zu Beginn an eine Ausbreitung entlang der Küsten durch ein - vermutlich aus dem Mittelmeerraum stammendes - „Trägervolk“ ausgegangen wurde („Diffusionismus“), war diese Theorie nach der Feststellung, daß europäische Megalithbauwerke wesentlich älter sein müssen als mittelmeerländische, nicht mehr haltbar. Anstatt nun für eine umgekehrte Richtung von Nord nach Süd  oder zumindest von Westeuropa nach Nord und Süd zu plädieren, wurden zum Schutz des Frühgeschichtsdogmas, demzufolge alle Kultur von Süd oder Ost auszugehen hat, in den letzten Jahren diverse neue Deutungsansätze entworfen. Einige Forscher wollten die Megalithik nun als unabhängig voneinander in verschiedenen Kulturen entstandenes Phänomen erklären, wobei die nordischen Großsteinbauten als „Abgrenzungskult“ von vorgeblich noch als Jäger und Sammler lebenden Stämmen gegenüber sich ausbreitenden Ackerbauern gedeutet wurden. Andere Forscher  griffen dagegen auf die beliebte und auch auf die Verbreitung des Ackerbaus angewendete  Theorie zurück, derzufolge Kulturelemente und Know-How von „Stamm zu Stamm“, also von einem Stamm zum benachbarten weitergetragen wurden.
Diese Lehrmeinung indes ist falsch. Denn zu sehr widerspricht die Erfahrung, zu sehr ähneln sich nicht nur Bauweise, sondern auch andere Begleitelemente wie Keramiken oder Symbol- bzw. Schriftzeichen, obgleich regionale Unterschiede nicht von der Hand zu weisen sind. Insbesondere lehrt die Erfahrung, daß religiöse Kulte, zu denen die Megalithbauweise von Gräbern zweifellos zu rechnen ist, nicht ohne Not oder aufgrund einer längeren Bekanntschaft der entsprechenden Religion angenommen werden.
Und bei aller Verschiedenheit der kulturellen Begleitfunde, so ist doch stets  ein gemeinsamer Ausgangspunkt erkennbar.
Die immer wieder auch an entlegenen Orten erscheinende Keramik erinnert oft  an Keramik der Trichterbecherkultur, die in Nordeuropa als Trägerin des Megalithbaugedankens gilt. Die vor allem in der Bretagne und sogar in Japan nachgewiesenen Fundstücke werden von der offiziellen Forschung jedoch bislang nicht als solche erkannt.
Auch die Schriftzeichen und Symbole, die viele Megalithen zieren, sind ein weltweites Phänomen. Sie weisen eine große Ähnlichkeit mit Symbolen auf, die bereits in der ausgehenden Altsteinzeit an verschiedenen Orten in Felsen gemalt und geritzt wurden.  
Eine ebenfalls bislang außer acht gelassene Tatsache, die auf ein weitaus höheres Alter der Megalithbauwerke Norddeutschlands schließen lassen könnte, ist  die Verteilung der ältesten Großsteingräber entlang der Küstenlinien wie sie vor dem Meeresanstieg im 6. Jahrtausend bestanden.
Wahrscheinlich ist daher, daß sich die Sitte der Großsteingräber von Europa ausgehend durch ein seefahrendes Volk, gleichsam einer religiösen Idee verbreitete, das in Verbindung mit der Trichterbecherkultur gestanden haben muß. Der deutsche Forscher Carl-Heinz Böttcher faßte diese Verbreitung unter dem Stichwort „Wikinger der Steinzeit“ zusammen. eine Bezeichnung, die er auf die Trichterbecherleute anwendet, die er als Mischung aus Bandkeramikern mit einer nordischen Herrenschicht begreift.       
Wenn man von der Anzahl und der Primititvität auf den Ausgangspunkt der Megalithbauwerke schließen würde, wäre unbestritten Nordeuropa die Heimat der Großsteinbauwerke. Hier fand sich fast in jeder Gemeinde nördlich der Linie Bremen-Neubrandenburg mindestens ein Megalithgrab - Professor Ernst Sprockhoff, der seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts die Großsteingräber Deutschlands untersuchte, schätzte eine Zahl von 12 000 größeren und kleineren Megalithgräbern, die  einst existiert haben dürften und von denen zu seiner Zeit noch knapp 5-10 % die Zeiten überdauert hatten. Der Großteil der Gräber wurde im Zuge der Christianisierung oder im Verlauf von Feldzügen zerstört. Napoleon soll anfang des 19. Jahrhunderts viele Steine von Großsteingräbern für andere Bauwerke gesprengt und verwendet haben. Und trotz der großen Zerstörung besteht bis in die heutige Zeit hinein in Norddeutschland eine engere Verbundenheit zu den Megalithbauerken als anderswo. Viele örtliche Landwirte können noch heute Auskunft über Lage und zugehörige Sagen von Großsteinbauten geben, auch wenn diese kilometerweit entfernt liegen - es scheint eine Art Familienüberlieferung zu sein. Um so größer ist das Erstaunen, wenn man sich auf die Suche nach ähnlichen Bauwerken etwa in Ländern des Mittelmeeres begibt. Hier weiß man oft nichts von entsprechenden Bauwerken, auch wenn diese nur wenige hundert Meter entfernt liegen. Oft überwuchert von Gestrüpp und Geäst finden sich viele dieser Relikte versteckt auf irgendwelchen Feldern. Es scheint, als wenn diese Bauwerke hier als fremd empfunden würden, während sie in Nordeuropa als heimisch betrachtet werden.
Auch die einfachsten oder primitivsten Formen finden sich in Nordeuropa. Es sind einfache Dolmen - „Urdolmen“ - die zumeist aus vier Trag- und einem Deckstein bestehen. Entwicklungsgeschichtlich liegt die Annahme nahe, daß sich hieraus dann längere Dolmen mit mehr Trag- und Decksteinen entwickelten, bis schließlich die Form der Ganggräber erreicht wurde. Diese bergen in ihrer Mitte häufig noch die einfachen Urdolmen. Oft findet sich bei diesen größeren Gräbern ein oder mehrere Menhire, also einzeln stehende Steine. Größere Exemplare dieser Menhire finden sich vereinzelt unabhängig von Dolmen oder Gräbern, wie häufig  in Süd- oder Westdeutschland (Gollenstein / Saarland). Daneben gibt es oft in der Nähe von Gräbern Steinkreise oder -ringe. Ausgehend von den bekanntesten, den Steinkreisen bei Avebury und dem Stonehenge-Monument, kann man ihre Errichtung vom 3. Jahrtausend  bis zum Beginn des 1. Jahrtausends zurückverfolgen (Steintanz von Boitin).         
Höhepunkt der Megalithwerke sind zweifellos die Galeriegräber und Kuppelgräber, wie sie etwa in New Grange und in der Bretagne auftreten (Cairns). Von ihnen leiten sich die späteren Kuppelgräber - etwa  das Atreusgrab in Mykene - des 2. Jahrtausends ab. Bislang unbefriedigend eingeordnet sind die Hypogäen - Steintempel auf Malta, die bis zu 6500 Jahre alt sein sollen. Ebenfalls der Megalithik zuzurechnen sind die in der megalithischen Spätphase entstehenden Befestigungsbauten:  „Zyklopentore und – Mauern“ (Mykene), Nuraghentürme (Sardinien) sowie Talayots (Balearen). Ein bislang ebenfalls von der Wissenschaft vernachlässigter Bestandteil der Megalithik sind frühe Stufenpyramiden, die sich aus den Cairns entwickelt haben könnten. Die frühesten Exemplare finden sich in Großbritannien, im Bauch des Sillbury-Hills und auf den Kanaren. Spätere Typen sind auf einigen Mittelmeerinseln wie Sardinien und Sizilien beheimatet.
Alles spricht also für eine schrittweise Entwicklung der Megalitbauweise von einfachen Menhiren und Dolmen, über Steinkreise und Ganggräber bis hin zu Stufenpyramiden.
Und dennoch widerspricht die herrschende Lehrmeinung, derzufolge einige Ganggräber in der Bretagne oder in Großbritannien älter sein sollen als die Urdolmen Norddeutschlands - die fadenscheinige Erklärung: Die Bauern Norddeutschlands hörten von Händlern, die von Dorf zu Dorf weitergetragene Kunde von Steinwerken im Süden Europas und konnten diese nur laienhaft nachahmen. Während also die ersten südlichen Erbauer schon Galeriegräber und Stufenpyramiden errichteten, sollen sich die norddeutschen Bauern mangels Begabung mit Miniatur-Steindolmen begnügt haben.
Aufgrund der Aussichtslosigkeit, die Entstehung von Steinwerken datieren zu wollen - man könnte zwar das Alter einer Gesteinsformation bestimmen, jedoch nicht den Zeitpunkt ihrer Aufstellung als Menhir oder ähnliches - begnügt sich die Wissenschaft mit der Datierung aufgrund von Geräten oder Werkzeugen, die man innerhalb der Gräber fand.
Problematisch daran ist jedoch, daß -  wie bereits angesprochen - gerade im norddeutschen Raum die Nutzung über Jahrhunderte wenn nicht gar Jahrtausende erfolgt sein muß ,so daß der heutige Archäologe bestenfalls die Spuren der letzten Nutzung auffinden kann, die jedoch viele Jahrhunderte nach der ursprünglichen Errichtung der Bauwerke erfolgt sein dürfte. Demgegenüber sind dort, wo keine Nutzungskontinuität vorliegt, also im südeuropäischen und Mittelmeerraum, die Spuren der letzten Nutzung dementsprechend älter.
Was die Nutzungskontinuität förderte war der Hauptzweck der Megalithbauten  als Grabstätten. So nutzten die Sippen über viele Generationen hinweg dasselbe Megalithgrab, während ähnliche Bauten in Südeuropa mit dem Aussterben ihrer Erbauer bereits früh ihre Funktion verloren.
Es ist daher trotz aller Gegenstimmen plausibel, die Entstehung korrespondierend mit  der Baugeschichte dort anzusetzen, wo die meisten Findlinge als Werkstoff für die Megalithgräber zur Verfügung standen - nämlich im Raum zwischen der Niederlande und Ostpreußen. Hier dürften die vielen, wie von Götterhand beförderten, verstreut herumliegenden Findlinge schon früh die Phantasie der Bewohner angeregt haben und die Idee keimen lassen, aus diesen Göttersteinen auch göttliche Häuser, also Häuser für die Toten zu errichten. Orte, an denen Steine mühsam in Steinbrüchen herausgearbeitet werden mußten, können nur solche Orte gewesen sein, an die die Erfinder der Megalithbauwerke später gelangten und an denen sie sich mangels vorhandener Findlinge mit Ersatzsteinen aus Steinbrüchen begnügen mußten.      
Während Dolmen heute unbestritten als Gräber dienten, ist die Funktion der Langgräber (Hünenbetten)  in die kleinere Grabstellen eingelassen waren (Visbecker Braut & Bräutigam) umstritten. Nach der heute mehrheitlich abgelehnten Meinung Herman Willes aus den 30er Jahren soll es sich bei diesen um Reste einstiger Gotteshäuser gehandelt haben Ähnlich umstritten ist die Funktion des  Menhirs, der wohl die Urform des Grabsteines darstellte, den „Seelenthron“ auf dem sich die Seele nach Verlassen des Körpers niederläßt und der in einem einfachen Holzpfahl seinen Vorläufer findet (Lascaux) (vgl. Meier: Hochkultur Megalithzeit). Der Cromlech oder Steinkreis der auch ellipsen- bzw. eiförmig sein konnte, stellt wohl den heiligen Ort an sich dar (den Gesichtskreis des Jahreslaufes der Sonne? – Herman Wirth), innerhalb dessen Begrenzung der „religiöse Kult“ zelebriert wurde und der zugleich als Kalender und Versammlungsstätte diente (Meier, Hochkultur) – alle späteren Wörter heiliger Orte wie Kirche, Church stehen mit der Namenswurzel des Kreises in Verbindung.  
Die schwersten der verwendeten Steine wiegen bis zu 25 Tonnen, ein Gewicht, welches auch heute noch nur mit den größten Kränen bewerkstelligt werden kann und eine hierarchische Struktur einer größeren Stammesgruppe voraussetzt.

[Zur Religion der Megalithkulturen]

[Trelleborg-Ortungslinie in Dänemark]

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