Trojaburg
 
 

Edmund Kiß: Das Sonnentor von Tihuanaku

Das Hochland zwischen den Anden und die
vorgeschichtliche Stadt am schiefen See

Im Norden des Erdteiles Südamerika liegt zwischen den Gebirgsketten der
beiden Anden, der pazifi schen und der königlichen Kordillere, eine ausgedehnte
Hochfl äche, die zu einem Teil zu Peru, zu einem anderen zu Bolivien
und zu einem kleinen Teile zu Chile gehört. Die Eingeborenen nennen ie
Hochebene den Altiplano oder noch häufi ger die Meseta, weil sie auf weite
Strecken den Eindruck einer fl achen Tafel oder eines Tisches macht (Abb. 1).
Dennoch fehlt es auf der Meseta nicht an Hügeln und Bergen, die allerdings,
verglichen mit den Gebirgswällen, welche die Hochebene mit schneebedeckten
Gipfeln rings einschließen, niedrig zu nennen sind.
Das Hochland erstreckt sich in etwa 200 km Breite, nämlich der Breite etwa
des Zwischenraumes zwischen beiden Anden, von Norden nach Süden
gering abfallend etwa vom 15. bis 25. südlichen Breitengrad, also auf eine
Strecke von etwa 1200 km. Während im Norden die sogenannte Cordillera
Crucera, die kreuzende Kordillere, die Meseta gegen das in das Amazonastiefl
and verlaufende Hochland von Peru abriegelt, hat die Meseta im Süden
keinen ebenso bedeutenden Gebirgswall auszuweisen. Hier endet das Hochland ziemlich unvermittelt mit den Salpeterfeldern von Chile an der pazifi
schen Küste, die sehr steil zum Stillen Ozean abfällt. Der Andenwall der
Seekordillere erhebt sich hier also nicht sehr hoch über die Ebene der Meseta,
so daß gleichsam ein Sack entsteht, der nach Süden geöffnet ist.
Diese sackförmig von Norden nach Süden gerichtete Hochebene zwischen
Anden hat eine durchschnittliche Höhe von etwa 4100m über dem Spiegel
der Ozeane. Fast an allen Stellen überragen die sie einschließenden Gebirgsketten
der Kordilleren die Meseta um etwa 700 m, wobei die Mehrzahl der
Höhenzüge sie um weitere 500 m übersteigen, gekrönt von Gipfeln, unter
denen Höhen von 5500 m über dem Meeresspiegel keine Seltenheiten sind.
Dennoch gibt es an einigen Stellen schmalere oder breitere Lücken in dem
Gebirgswall, deren eine schon genannt wurde, nämlich im Süden am Großen
Ozean, auf den Salpeterfeldern von Chile. Eine weitere Lücke klafft am
Berge Sorata und eine dritte bei der bolivianischen Landeshauptstadt La
Paz, neben dem Berge Illimani. Hochebene und umgebende Gebirge sind paläozoisch, das heißt, ihre Gesteine bestehen im wesentlichen aus Graniten,
Gneisen, Trachyten und aus jüngeren Laven. Tertiäre Formationen, also
echte Sedimentgesteine, fehlen. Infolgedessen leidet das Land auch unter
Kalkmangel, da es keine echten Kalkgesteine gibt, sondern höchstens Ablagerungen
organischen Kalkes an ehemaligen Seeufern und in ausgetrockneten
Gewässern. Tertiäre Ablagerungen fi ndet man nur an der Ostseite der
königlichen Kordillere, das heißt auf der argentinischen und paraguayschen
Seite der Ostanden.
Professor Posnansky, einer der besten Kenner des bolivianischen Hochlandes,
hat in einem kleinen Werke „El clima del Altiplano“ (La Paz 1911) die
mutmaßliche Entstehungsgeschichte des Andenhochlandes und seiner Seen
niedergelegt. Beim langsamen Ansteigen des südamerikanischen Kontinentes
sollen danach in der Gegend, in der sich heute die Meseta befi ndet, große
Seewassermengen um rund 4000m mit emporgehoben worden sein, welche
ausgedehnte Seen mit verschiedenen Spiegelhöhen bildeten und die durch die
genannten Kordilleren eingeschlossen wurden. Die großen,zwischen den Kordilleren und ihren Quersperren eingeschlossenen Seen hatten keinen Abfl uß
oder doch nur einen so geringen, daß ein Einfl uß auf die Menge ihrer Wassermassen nicht vorhanden war und daß sie lange Zeit hindurch ihre Spiegelhöhe im wesentlichen beibehielten. Später zerbrach eine der bis zum heutigen Tage in Südamerika häufi gen Erderschütterungen an verschiedenen Stellen die Kordilleren, und die Gewässer der großen Seen von ihrer Fessel befreit, liefen zum Teil durch diese ausgebrochenen Abfl üsse zum Atlantik. Dabei öffneten sie die Flußrinnen in die Amazonas- und La Plataniederung.

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Englischsprachiger Beitrag über Edmund Kiß:

http://archaeology.org/blog/?p=542

 

 

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