Trojaburg
 
 
25-01-11 00:01 Alter: 13 Jahr/e

Ptolemaios Germania-Karte entschlüsselt?

VON: DK

Geodäsie identifiziert zahlreiche germanische Städte des Altertums


Die norwegische Insel Smola - das Thule Pytheas?

Neben Tacitus „Germania“ ist die „Geographie“ des Ptolemaios (ca. 100-170) die grundlegende Überlieferung zu den alten Germanen. Während Tacitus seinen Fokus auf den Menschen legte, ist die Überlieferung des griechischen Autoren die ausführlichste topographische Beschreibung von weltweit insgesamt 6300 Siedlungen in 84 Regionen. In seinem zweiten buch befindet sich die Darstellung der nicht zum Römischen Reich gehörenden Germanischen Städte (Germania Megalé) zwischen Rhein und Weichsel.

Trotz der von Ptolemaios vermerkten Koordinaten gelang es bislang nicht, die insgesamt 94 genannten Ortschaften heutien Städten zuzuordnen, denn die verwendeten Daten sind gegenüber heutigen Koordinaten verzerrt. Zum einen weicht der damalige nullmeridian vom heutigen ab, zum anderen unterliefen dem Karthographen Maßstabsfehler aufgrund der Unterschätzung des Erdumfanges. Das Gebiet Germaniens ist bei ihm zu schmal und langgestreckt. Dazu kommt, daß die meisten der ptolemäischen Orte in keiner anderen antiken Quelle genannt werden und zudem die heutigen Namen oft nicht den früheren entsprechen.

Dank eines mathematischen Umrechneverfahrens gelang es nun Berliner Geodäten, einen großen Teil der germanischen städte genau zu lokalisieren. Die Forscher rechneten die Abweichungen zwischen Ptolemaios und heutigen Koordinaten von in Abgleich mit dem sogenannten Barrington-Atlas bereits identifizierten Orten auf die Vielzahl nicht identifizierter Orte hoch.   

Zu den lokalisierten Orten zählen Mörs-Asberg (Asciburgium), ein Ort, direkt am Rhein, der der Sage nach von Odysseus gegründet worden sei, Borken (Mediolanium) Aalen (Cantioebis) und Donauwörth (Brodeltia). Der Großteil der Lokalisierungen bleibt allerdings unsicher, so daß die Autoren die alten Ortsbezeichnungen „bei“ bekannten Städten ansiedeln, wie im Falle von Hildesheim (Ascalingium) oder Braunschweig (Tulisurgium).   

Erstaunlich mutet dabei die Nennung der drei bedeutendsten Städte innerhalb des freien Germaniens an: Brünn (Eburodunum), Geismar bei Fritzlar (Amisia) und Bernburg (Saale) (Luppia).

Während in der Nähe von Fritzlar der Missionar Bonifatius der Legende nach im Jahr 723 die Donar-Eiche des Stammesheiligtums der Chatten fällte und Brünn als alte Station einer Bernsteinstraße gilt, fällt Bernburg aus der Reihe. Zwar wird 806 der Stadtteil Waldau als militärisches Zentrum in einer Klosterchronim erwähnt, allerdings fehlt es an einem bedeutenden Handelsweg.

Fraglich erscheint allerdings die zuordnung von Budoris mit dem Drachenfels (Siebengebirge) bei Königswinter, den die Autoren fälschlich bei Bad Dürkheim verorten. Ebenso erschließt sich dem Leser die Identifizierung von Navalia als Essen-Hinsel (heute Essen-Ãœberruhr-Hinsel), nicht so recht, auch wenn es archäologische Befunde eines germanischen Gräberfeldes stützen.   

Schließlich erscheint auch die gleichsetzung der vor Trondheim liegenden norwegischen Kleininsel Smola mit dem Thule des Pytheas als äußerst fragwürdig. Angesichts der literarischen Bedeutung des mythischen Ortes Thule dürfte die Gleichsetzung mit der geschichtlich unbedeutenden Smola auf den mehr mathematischen als hostorischen hintergrund der Autoren hindeuten – zumal die Entfernung von Britannien nach Smola etwa genau der Entfernung von Britannien nach Island entspricht und auch Grönland nicht viel weiter entfernt liegt.

In der Bilanz ist der Wert der Veröffentlichung aber insofern nicht zu unterschätzen, als daß er eine neue Diskussionsgrundlage für die Deutung der ptolemaischen Germania-Karte liefert.    


Links:

www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1218320/Germania+war+anders


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