Trojaburg
 
 
Autor Thomas Ritter
Der Dämon Amodeus in der Abtei Rennes le Chataeux

Thomas Ritter Vortrag

Sehr positiv hervorzuheben an diesem Vortrag, war die Tatsache, daß Herr Ritter seine Ausführungen nicht an einem starren Manuskript orientierte sondern frei über die Thematik sprach und damit seine guten Kenntnisse des Vortragsgegenstandes unter Beweis stellte. Im Verlauf des Abends erfuhren die Zuhörer so eine Menge an Fakten, die man bislang kaum in der Literatur wiederfindet. Trotz der relativ geringen Besucherresonanz wurde der Abend somit zu einem ganz besonderen Erlebnis.


Thomas Ritter hat bereits mehrere Bücher und Aufsätze zum Themengebiet verfaßt. Im folgenden wollen wir einen Auszug aus seiner Katharer-Schrift stellvertretend für die Ausführungen des Abends bringen:

 

Die Katharer waren in ganz Europa verbreitet. Chronisten belegten sie mit zahlreichen Namen: Patarener, Publikaner, Manichäer, Albigenser oder Arrianer. In Deutschland wurden 1143 zu Köln die ersten bekennenden Katharer dem Scheiterhaufen überantwortet.

 ?So übermächtig war die Häresie der Katharer, dass sie binnen kurzem gegen tausend Städte ansteckte, ? notierte der Chronist Cäsarius von Heisterbach erschreckt.

Die eigentliche Heimat der Katharer aber war Südfrankreich, die Corbieren und Pyrenäen, Okzitanien - das ?Ketzerland?. Die katholische Kirche war in jener Region der Verachtung anheimgefallen. Doch sämtliche Ursachen für dieses Desaster hatte der Klerus aufgrund seines Lebenswandels selbst gesetzt. In altbewährter Manier versuchten die Geistlichen den Katharern dafür die Schuld zuzuschieben und die Lehren der Reinen als Götzendienst und Teufelsanbetung zu verunglimpfen.

Damit holten sich die Kleriker jedoch selbst bei ihren eigenen Glaubensbrüdern eine vernichtende Abfuhr. Der als strenggläubig bekannte, katholische Ritter und spätere Templerkomtur Pontius von Rondelle gab Bischof Fulco von Toulouse auf dessen Frage, warum man die Ketzer nicht aus dem Lande treibe, eine eindeutige Antwort:

 ? Wie könnten wir dies tun! Sind wir doch mit diesen Menschen aufgewachsen, haben Verwandte unter ihnen und sehen, dass sie ein rechtschafenes Leben führen. ?

Da diese von den Kirchenkanzeln aus geführten Verleumdungsfeldzüge nicht die gewünschten Wirkungen hatten, griff man auf Seiten der katholischen Kirche zu anderen Mitteln. Im Jahr 1163 verhängte das Konzil von Tours zunächst eine vollständige Wirtschaftsblockade gegen Okzitanien, während das III. Laterankonzil dann den offenen Krieg gegen die Ketzer beschloss. So überfiel im Jahr 1181 ein ?Kreuzheer? unter Führung des Abtes Heinrich von Clairveaux die Grafschaft Toulouse, um nunmehr mit Feuer und Schwert die Ketzer zum ?einzig wahren Glauben? zu bekehren. Die Katharer aber übten eine besondere Art des passiven Widerstands. Sie unterwarfen sich scheinbar, um nach dem Abzug der Kreuzfahrer erneut zu ihrem friedlichen Glauben zurückzukehren. Nichts lag ihnen ferner, als die Waffen zu ergreifen und die kreuztragenden Banditen gewaltsam aus ihrem Lande zu werfen. Der erste Kreuzzug gegen Okzitanien geriet für Rom zum Pyrrhussieg.

So verwundert es auch nicht, dass 1184 Papst Lucius III. den Bannfluch gegen alle Häretiker schleuderte.

 

Elf Jahre später gelangte in Toulouse Raimund VI. zur Herrschaft, ein mächtiger und fast unabhängiger Vasall der französischen Krone, unter dessen toleranter Herrschaft den Katharern nochmals eine friedvolle Zeit beschieden war. Seine Exkommunikation durch Papst Cölestin nahm er gelassen hin. Die Kurie vergaß und verzieh ihm dies nie.

 

In Papst Innocenz III., der am 22.02.1198 den Apostolischen Stuhl bestieg, erwuchs den Katharern ein unversöhnlicher Gegner. Sein Legat Rainier und nach ihm die Zisterziensermönche Peter von Castelnau und Radulf versuchten den Herren von Toulouse das Versprechen abzupressen, die Katharer aus der Stadt zu treiben. Als dies misslang, stellte ihnen der Papst einen weiteren Mann zur Seite - den Abt Arnold Amalrich von Citeaux, dessen Vollmachten eindeutig waren:

 

....gewähren wir Euch uneingeschränkte Vollmacht, zu zerstören, zu vertilgen und auszureißen, was Ihr als zerstörens-, vertilgens- und ausreißenswert erkennt... ?

 

Da jedoch der Grund für einen offenen Angriff fehlte, mussten sich die Legaten notgedrungen mit der Waffe des Wortes begnügen, was unter den solcherart Attackierten aber keine nennenswerte Wirkung zeigte.

 

Auch Dominikus Guzman - der spätere Heilige Dominique und Gründer des gleichnamigen Ordens - predigte ab 1206 in ganz Südfrankreich gegen die Häresie der Katharer, musste aber bald sein mangelndes Talent dazu selbst eingestehen. Die Situation veränderte sich dramatisch, als im Jahr 1208 der Legat Peter von Castelnau auf einer seiner Reisen durch Okzitanien in der Nähe von Saint-Gilles unter mysteriösen und bis heute nicht ganz aufgeklärten Umständen von einem Unbekannten getötet wurde. Für den Vatikan allerdings war der Fall klar - niemand anderes als die Katharer konnten diesen Anschlag geplant und ausgeführt haben.

Im Auftrag des Papstes ließ Abt Amalrich von Citeaux nun seine Zisterzienser einen ?Heiligen Krieg? gegen die Ketzer predigen und brachte mit dieser Propaganda den Abschaum Europas unter seine Fahnen. Im Juni 1209 versammelte sich ein raubgieriges ?Kreuzheer? vor den Toren der Stadt Lyon, darunter solche erlesenen Zeitgenossen wie die ?Ribautz? und die ?Truands? - die ?Hurenböcke? und ?Leichenfledderer?. Zeitgenössische Chronisten sprechen von 20.000 Rittern und 200.000 Fußsoldaten, die gegen Okzitanien marschierten. Angelockt wurden sie durch Aussicht auf reiche Beute, da alle Besitzungen der südfranzösischen Edlen, denen eine ?Konspiration? mit den Katharern nachgewiesen werden konnte, ?zur Jagd freigegeben? wurden. Diese Ländereien gehörten also dem Kreuzritter, der sie eroberte. Ferner wurde die Vergebung aller Sünden versprochen. Den im Kampf Gefallenen winkte die sofortige Aufnahme ins Paradies.

 

Die Stadt Beziers, gewarnt von ihrem jugendlichen Herrn, Vicomte Ramon Roger de Trenceval, war das erste Ziel der Kreuzfahrer. Am 21. Juni 1209 schlug das Heer sein Lager vor den Toren der Stadt auf. Die Kreuzfahrer forderten die Auslieferung sämtlicher Ketzer, die sich innerhalb der Stadtmauern aufhielten. Die Bürger von Beziers wiesen dieses Ansinnen empört zurück. ?Sie wollten lieber als Ketzer sterben, denn als Christen leben. ? Und so starben sie - als die Stadt erobert wurde, begann ?ein Morden, wie es seit der Sarazenenzeit wohl niemals so wild beschlossen worden ist und ausgeführt... ?

Als ein Feldhauptmann während des Angriffes den Abt Arnold Amalrich von Citeaux fragte, wie man denn Katholiken und Katharer voneinander unterscheiden könne, da soll ?Gottesstreiter? lakonisch geantwortet haben:

 ?Erschlagt sie ale! Gott wird die Seinen schon erkennen.?

 Und so geschah es. Das mittelalterliche Beziers starb in einem Meer aus Blut und Feuer. Die Glocken der Kirchen schmolzen in ihren Türmen, Leichen brannten lichterloh und die Kathedrale explodierte wie ein Vulkan. Rinnendes Blut, brennende Tote, eine lodernde Stadt, zusammenbrechende Mauern, singende Mönche, mordende Kreuzfahrer, plündernder Mob - aus diesem Inferno gab es kein Entrinnen. Zwanzigtausend, nach anderen Quellen sogar sechzigtausend Einwohner und Flüchtlinge aus der Umgebung sollen bei diesem beispiellosen Massaker ermordet worden sein.

 

?Ich glaube, nicht ein einziger von ihnen ist mit dem Leben davongekommen, ? schrieb der Chronist Wilhelm von Tudela über die Tragödie von Beziers.

 

So begann jenes finsterste Kapitel des Mittelalters, das unter dem unzutreffenden Namen ?Albigenserkriege? in die Geschichte eingehen sollte...."

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