Trojaburg
 
 

Bis ans Ende der Welt...

Herman Wirth in Skandinavien 1936
Hans Altheims Lebensgefährtin Erika Trautmann während einer Grabung
Herbert Jankuhn - der Haihtabu-Ausgräber
Ernst schäfer in Tibet
Stonehenge als Meisterstück nordischer Naumeister - thematisiert in "Germanen gegen Pharaonen"

Die Expeditionen des Ahnenerbe

Wir saßen uns lange schweigend gegenüber, bis die Augen groß wurden und sich verschleierten: Der Lamablick. ... er war in Trance gefallen, wie ich es wiederholt bei tibetischen Lamas gesehen habe. „Heute Nacht habe ich mit Freunden telefoniert... in Abessinien und Amerika, in Japan und Tibet, ... mit allen die aus der anderen Welt kommen , um das neue Reich zu errichten. .... Eine neue Ära wird kommen, ... einer der Schlüssel liegt beim Dalai Lama und in den tibetischen Klöstern.“ Dann fielen Namen  von Klöstern und ihren Äbten, von Ortschaften in Osttibet, die doch nur ich allein kannte... nahm er sie aus meinem Gehirn? Telepathie? Ich weiß es bis heute nicht. Ich weiß nur, daß ich diesen Ort fluchtartig verließ...

Mit diesen Worten beschrieb der Tibet-Forscher Ernst Schäfer seine erste Begegnung mit Karl-Maria Wiligut, der unter dem Namen Weisthor als Berater Heinrich Himmlers fungierte, vor der Tibet-Expedition im Jahre 1938. Trotz der Ablehnung, die eine Mehrzahl der Ahnenerbe-Forscher dem alten K´u´K Obersten entgegenbrachten, beweist dieses Treffen den Einfluß Wiliguts auf Himmler: Immer wieder zog der SS-Führer seinen Leiter der Vorgeschichtsabteilung im Persönlichen Stab zu Rate wenn es um wichtige Entscheidungen ging. Weisthor stand Pate bei der Auswahl der Wewelsburg, der Schöpfung des SS-Ehrenrings und diverser Zeremonien. Die an jenem Abend geäußerten Worte spiegeln darüber hinaus zweierlei wider: Entweder eine an Schizophrenie grenzende  Selbstüberschätzung, die Weisthor geschickt in Szene zu setzen wußte,  oder aber tatsächliche seherische Fähigkeiten über die er verfügte.       
Bis heute sorgen derlei Begebenheiten für Spekulationen über die zahlreichen Forschungsreisen im Umfeld des Ahnenerbes. „Das Treffen des westlichen und östlichen Hakenkreuzes“ wie eine Presseüberschrift die Tibet-Reise Ernst Schäfers betitelte, stand dabei ebenso im Blickfeld wie archäologische Ausgrabungen in exotischen Ländern.
Bis heute reißen Spekulationen nicht ab, daß „die Nazis“ mit wissenschaftlichen Forschungen auch regelmäßig esoterische Ziele verfolgten. Diese Sichtweise läßt sich auch in der US-Filmschmiede Hollywood wiederfinden: Mal sind es SS-Bösewichter  die Indiana Jones die Suche nach Bundeslade und Gral vermiesen, mal  SS-Ahnenerbe-Wissenschaftler , die vom „Hellboy“ daran gehindert werden, durch ein Zeittor Dämonen auf die Erde zu holen. Im Vordergrund der fiktionalen Forschungseinsätze des Ahnenerbes stehen die Suche nach Gegenständen, die den Nationalsozialisten zu einer nicht näher definierten „Macht“ verhelfen sollten - Stichwort Gral und Bundeslade - oder aber die Suche nach alten Texten, die ihnen einen Wissensvorsprung oder okkulte Fähigkeiten verschaffen sollten. Je „akademischer“ die Arbeit zu den Expeditionen der SS, desto weniger werden esoterische Absichten erwähnt - etwa in Mieraus jüngst erschienender Dissertation zu Schäfers Expeditionen -, je esoterischer, desto weniger erfährt der Leser von den offiziellen Zielen einzelner Forschungsreisen. Die Wahrheit liegt - wie so oft - irgendwo in der Mitte der beiden Extreme. Ahnenerbe-Forscher wie Ernst Schäfer, Hans Altheim oder Herbert Jankuhn waren primär an wissenschaftlichen Erkenntnissen - geologisch-biologisch oder archäologisch-historischen - interessiert. Demgegenüber übten die Esoteriker, die Himmler in seinem Persönlichen Stab parallel zum Verein Ahnenerbe versammelt hatte, ihren Einfluß im Hintergrund aus. Männer wie Weisthor, Günther Kirchhoff oder Richard Anders schwärmten von einem geheimen Weltenzentrum, von magischen Praktiken, die man durch „Runengymnastik“ für sich nutzbar machen konnte, oder von altem Geheimwissen, das sowohl Auskunft über die eigene Vergangenheit als auch Hinweise auf die Erschließung unbekannter Energiequellen geben sollte. Wichtiges Scharnier zwischen Persönlichem Stab und Ahnenerbe stellte dabei Ahnenerbe-Mann Frenzolf Schmidt dar, der Mitteilungen esoterischen Inhaltes zu begutachten hatte. Trotz seiner akademischen Herkunft, hatte Schmidt 1931 die „Urtexte der ersten göttlichen Offenbarung“ veröffentlicht. Nach seiner Deutung Schriften, die bis zu 25 000 Jahre alt sein sollen und die Geschichte der Menschheit seit 85 000 v.Zw. erzählen.  
Auffällig an dem eingangs erwähnten Zitat ist jedenfalls, daß alle vier 1938 genannten Orte tatsächlich zu Expeditionszielen des Ahnenerbes erkoren wurden!    
Schon 1935/36 fanden die ersten Expeditionen des Ahnenerbes statt: Wirth nahm in Skandinavien Gipsabdrücke der bronzezeitlichen Felsbilder in Bohuslän und an anderen Orten.
1936 konnte der renommierte Forscher Prof. Hans Altheim für das Ahnenerbe gewonnen werden. Altheims Vorliebe galt dem vorderen Orient. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Erika Trautmann reiste er 1938 durch Vorderasien, führte Forschungen zur Rolle nordischer und semitischer Völker zur Zeit des Römischen Reiches durch arbeitete aber zeitgleich auch für den Sicherheitsdienst Himmlers, für den er geheimdienstliche Dossiers über Land und Leute der von ihm bereisten Örtlichkeiten erstellte.
Bis 1938 wurden zahlreiche archäologische Stätten zu exklusiven Forschungsgebieten der SS erklärt.
Bekanntere wie an den Externsteinen, die diese Stätte als germanisches Heiligtum erweisen sollten und deren Funde teilweise heute verschwunden sind, aber auch unbekanntere. So ließ Himmler Taucher nach Artefakten vor der Insel Helgoland suchen. Einer der wenigen dokumentierten Funde war die Entdeckung einer Steinsetzung vor dem Roten Kliff. Bereits damals gab es Hinweise auf die einstmals größere Bedeutung des Nordesserraumes vor Helgoland, die Jahrzehnte später Jürgen Spanuth aufgriff und mit Platos Atlantis-Überlieferung in Verbindung brachte .
Parallel verliefen Forschungen zu geodätischen Energielinien und Erkundung mystischer Orte, die über Weisthors Amt koordiniert wurden.
Die Welteislehre-Forschungsreisen, eng verbunden mit dem Namen Edmund Kiß, wurden seit 1937 intensiviert, konnten jedoch keinen Erfolg zeitigen. Nach der von Hanns Hörbiger entlehnten Theorie ging Kiß von einem Mondeinsturz aus, der zum Untergang des Kontinentes Atlantis geführt habe. Belege suchte Kiß in der äthiopischen Wüste und in Südamerika. Bereits in den 30er Jahren bereiste er Tihuanaku und kam zur Schlußfolgerung, daß diese einstige atlanto-arische Kolonie vor Tausenden von Jahren ausgeslöscht worden sein muß. Thesen, die auf wenig Gegenliebe in der akademischen Forschung stießen und Wüsts Repuatationsbestrebungen konterkarierten. Dennoch erhielt Kiß weitere Förderungen und sollte nach einer Forschungsreise nach Abessinien 1937 in einer großangelegten Expedition nach Südamerika weitere Beweise für seine Theorien einholen - im Auftrag des Ahnenerbes. Der Kriegsausbruch 1939 verhinderte die Umsetzung der bereits konzipierten Reise. Doch auch für eine andere Expedition stand Kiß auf Himmlers Wunschliste der Teilnehmer: Der Tibet-Expedition Ernst Schäfer. Schäfer gehörte zum Kreis der angesehenen Forscher, die Wüst für das Ahnenerbe gewinnen konnte. Er hatte bereits zwei deutsch-amerikanische Expeditionen in das Hochland des Himalayas absolviert und plante nun eine eigene Forschungsreise. Himmler signalisierte früh Unterstützung. Begeistert von den Berichten Ferdinand Ossendowskis hielt Himmler Tibet für die mythische Zufluchtsstätte der alten Arier nach dem Mondeinsturz. Hier müßte sich altes arisches Weistum in den Klöstern auffinden lassen, asiatisch verbrämt als Legende vom unterirdischen Reich Agartha, Shambala oder Shangri-La.
Bei einer Besprechung der Reise kam es im Hause  Karl-Maria Wiliguts zu der eingangs zitierten Begegnung. Trotz  dieser zweifellos eindrucksvollen Begegnung beharrte Schäfer auf der streng wissenschaftlichen Ausrichtung der Forschungsfahrt, die in der Erfassung von Flora und Fauna des Hochhimalayas lag.
In die neue Expedition wollte er sich nicht reinreden lassen und schon gar nicht durch Mitnahme des Welteisforschers Kiß seine Reputation untergaben lassen. Andererseits wäre es unklug gewesen, Himmler völlig zu vergraulen. So einigte man sich auf den Kompromiß, den Anthropologen Bruno Beger mitzunehmen, der rassekundliche Forschungen an der dortigen Bevölkerung durchführte, die auch Aufschluß über die Frage geben sollten, inwieweit europide Merkmale noch erkennbar wären - in Himmlers Worten „nach Resten der atlantinischen Herrenschicht zu suchen“. In der Tat wiesen einige Volksgruppen stärkere europide Einschläge auf, als andere. Spekulationen über geheime Kommuniaktionsmittel, die man den Tibetern beim Besuch hinterlassen haben soll, entpuppen sich bei näherer Betrachtung als einfaches Funkgerät, das in diesem Weltteil noch weitgehend unbekannt war.
Nach dem vom Ahnenerbe bezahlten Rückflug der offiziell unter Schirmherrschaft Himmlers und des Ahnenerbe stehenden Expedition wartete Himmler bereits mit neuen Plänen: Diesmal sollte Schäfer ein militärisches Unternehmen nach Asien führen, das mit einer Handvoll Männer afghanische Freiheitskämpfer in ihrem Kampf gegen die britische Besatzermacht unterstützen sollte. Indiskretionen sorgten dafür, daß das Unternehmen noch während der Vorbereitungen abgesagt wurde.  
Mit Kriegsausbruch kamen weitere seit 1938 forcierte Expeditionspläne innerhalb des Ahnenerbes zum Erliegen. Fortan galt es, das Ahnenerbe mit kriegswichtigen Aufgaben zu versehen, um die Existenzberechtigung aufrecht zu erhalten. Zwar wurde auch die Grabungstätigkeit in den ersten Kriegsjahren stark ausgeweitet, jedoch lag der Tenor dieser Forschung nunmehr auf dem wichtigen Nachweis germanischer Siedlungsspuren um somit Herrschaftsansprüche auf besetztes Gebiet legitimieren zu können. Eines der interessanten Gebiete stellte die Krim dar, wo Herbert Jankuhn archäologische Spuren der Ostgoten erforschte.
Jankuhn galt als einer der angesehensten Archäologen innerhalb des Ahnenerbe. Seine Ausgrabungen in der Wikinger-Handelsstadt Haithabu stellen noch heute eine Standardlektüre zu diesem Thema dar. Jankuhn wurde 1940 zum Leiter des Amtes  „Ausgrabungen“ im Ahnenerbe und übernahm offiziell auch die Ausgrabung des antiken griechischen Olympia.
Sein Vorgänger war Hans Schleif, der zwischen 1938 und 1940 diese Funktion erfüllte und vor seiner Grabungstätigkeit in Olympia 1940 bereits im besetzten Polen germanische Fürstengräber untersuchte.
Ein weiteres Betätigungsfeld innerhalb der besetzten Gebiete ergab sich für das Ahnenerbe aus der „Sicherstellung und dem Schutz von Kulturgütern“. Eine Reihe von als germanisch proklamierten Exponaten wurde kurzerhand in deutsche Museen überführt.  Ein bekannter Fall war die „Sicherstellung“ des Veit-Stoß-Altars in Krakau durch den Ahnenerbe-Offizier Peter Paulsen 1939.  Andere Sammlungen und Fundstücke wurden zu günstigen Preisen oder gegen Naturalien, zumeist Mehl, eingetauscht und so unter anderem für die Ahnenerbe-Sammlung erstanden.    
Eine weitere legendenumrankte Expedition führte ebenfalls 1938/39 in die Antarktis. Sie diente der Erforschung von Walfanggebieten der Südpolarregion und Inbesitznahme einiger Gebiete zur wirtschaftlichen Nutzbarmachung. Legenden zufolge soll in diesem „Neuschwabenland“ getauften Gebiet eine unterirdische Station errichtet worden sein, die nach dem Krieg als Rückzugsort geheimer SS-Verbände und hochrangiger NS-Führer gedient hätte - selbst Hitler wurde zeitweise hier vermutet. Entgegen der Spekulationen hatten jedoch weder Himmler noch das Ahnenerbe etwas mit dieser Forschung zu tun, die unter Schirrmherrschaft Hermann Görings und der Forschungsgesellschaft stand.   
Für die unzulässigen Verbindungen könnte indes eine Tätigkeit von Ahnenerbe-Mitarbeitern auf dem Gebiet der Waffentechnik gesorgt haben, die bislang wenig erforscht ist. Tatsache ist, daß der SS unter dem Sonderbevollmächtigten Hans Kammler seit 1944 die Produktion der neuen Strahlflugzeuge und eigene Forschungsstätten in Tschechien, Polen und Thüringen unterstanden. Ausdrücklich wurden Ahnenerbe-Wissenschaftler beauftragt, Pläne für eine „Strahlenkanone“ eines gewissen Oberst Schröder-Stranz zu prüfen. Das Gerät sollte nach Auskunft seines Schöpfers sowohl in der Lage sein, Erdölvorkommen aufzuspüren, als auch Lebewesen zu töten. Anfang Februar 1945 wurden die Versuche nach einigen Monaten aufgrund der Kriegslage eingestellt.
Über Beteiligungen von Ahnenerbe-Mitarbeitern an anderen Forschungen zu neuen Waffen, die ausweislich der jüngeren Forschung erfolgreicher verlaufen sein müssen (Stichwort: Projekt „Glocke“), schweigen die Akten.  
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