Trojaburg
 
 

Das Symbol der Trojaburg

Ur-Labyrinth auf Northumberland
Trojaburg Glastonbury
Vase von Tragliatelle mit Trojaburg und Troja-Inschrift
Minotaurus und Theseus auf Knossos
Ausrichtung der Trojaburg von Steigra


Eines der ältesten Symbole der Menschheit, die ausschließlich in einen positiven Kontext gesetzt werden, ist das Labyrinth oder in der ursprünglichen europäischen Bezeichnung, die Trojaburg.
Wenn man heute den Begriff Troja nennt, so denkt jeder sofort an die antike Stadt am Bosporus, ohne daran zu denken, daß der Begriff in Europa für sehr viele Dinge Verwendung fand - Burgen und labyrinthische Steinsetzungen, Kleidungsstücke, Tänze und Spiele sowie Dämonen.
Der Begriff Trojaburg leitet sich ab von Dra / Thru (gotisch = trajan - altarisch = drajan / keltisch = trojan / germanisch = Trelle), was drehen, winden, verfangen bedeutet und von letzterem zum sanskrit druh = Fallensteller sowie Druja,dem dreiköpfigen Drachen der indischen Mythologie, überleitet.

Er steht damit im  Zusammenhang mit einer kreisrunden Form. Kreisrund waren in Europa nicht nur die Kreisgrabenanlagen und Steinkreise der bandkeramischen und Megalith-kulturen sondern auch bronzezeitliche Wallburgen sowie wikingerzeitlichen Burgen, die sogenannten Trelleburgen ("Zauber" bzw. "Riesenburgen"), deren Vorläufer durchaus bis in die Bronzezeit zurückreichen könnten. Während für den schwedischen Ort Trelleborg die Entstehung erst für das frühe Mittelalter archäologisch bestätigt ist, gab es über Europa verteilt zahlreiche Rundanlagen, die als Trojaburgen und verkürzt als Troja bekannt waren. Oft finden sich für diese Orte biblische Namen wie "Babilonie" (Wiehengebirge ebenso bei Lüddecke und im heutigen Rußland), oder "Jerusalemsberg". Nach herrschender Meinung soll es sich dabei um Verchristlichungen der heidnischen Heiligtümer halten, obgleich auch eine etymologische Ãœberlieferung aus ältesten Zeiten nicht völlig von der Hand zu weisen ist.
Die Zugangswege weisen von oben betrachtet oft eine Labyrinthform auf, im Zentrum stand dabei vielleicht die Irminsul, später eine christliche Kapelle.  

Neben dem kleinasiatischen wohl bekanntesten Illion/ Wilusa, finden sich auch Bezeichnungen für Glastonbury, Paris, Troyes, Xanten / Vetera (der mythische Geburtsort Siegfrieds!), Bonn und Goslar als Troja.  Eine dichte Häufung findet sich auch in Norditalien: Neben Rom wurden die Städte Ardea, ein Troja bei Patavium sowie die etruskischen (!) Trojas, insbesondere eine Küsteninsel bei Elba sowie Trossulum mit Troja in Verbindung gebracht. Eine weitere Häufung findet sich in den österreichischen Alpenländern: Neben Hainburg, dem alten Carnuntum (ein bedeutender Ort der keltischen Druiden!) sind hier vor allem die Städte Cilly / Steiermark sowie Trojana und Turje zu nennen; hierher stammen auch die keltischen Norejer / Taurisker, die auch Trojer genannt wurden.[1]
Alte Chronisten haben diese Bezeichnungen zumeist darauf zurück geführt, daß ihre Bewohner einst aus Troja geflohen wären; die bekannteste diesbezügliche Ãœberlieferung findet sich in der römischen Aeneas-Ãœberlieferung, bei welcher der Stammvater Roms, Aeneas aus Troja stammen soll. Doch auch in fränkischen Quellen finden sich derartige Ãœberlieferungen, die von einer Abstammung der Franken von den Trojanern berichten sowie gallorömische Traditionen, die dieselbe Abstammung für sich beanspruchten.[2]  Oft läßt sich jedoch eine weiter zurückliegende, einheimische Troja-Tradition nachweisen, die vermutlich auf einstige Trojaburg-Steinsetzungen zurück geht.  
 
Neben dem architektonischen Befund der Trojaburg gibt es nämlich auch den mythologischen Aspekt, der um einiges älter sein dürfte.
Wie den meisten bekannt sein dürfte, ist der hohe Norden Europas kein von der Sonne verwöhnter Landstrich. Mit dem Herbstbeginn werden die täglichen Sonnenstunden immer kürzer bis schließlich im Mittwinter die Sonne gar nicht mehr erscheint. Um so größer war die Freude des nordischen Menschen über die länger werdenden Tage und die zunehmenden Sonnenstunden. Als Erklärung für das Verschwinden der Sonne bot sich eine "Gefangennahme" der Sonne durch ein mythisches Ãœbel an, zumeist lag der Gedanke an Drachen nicht fern;  hier liegt auch die Verbindung zur Namensform druja, dem Drachen, der ebenfalls etymologisch mit der Bezeichnung Trojaburg zusammenhängt. In Anlehnung an den Drachen, dem germanischen Etzelwurm, gibt es in Deutschland auch die Bezeichnung "Wurmlage" für die Trojaburgen.
Die Verbindung der Gefangennahme der Sonne mit der Trojaburg ergab sich aus dem Sonnenlauf, der in nördlichen Breitengraden mit kürzer werdenden Tagen die Form einer Spirale beschreibt, bis schließlich im Mittwinter die Sonne scheinbar aus der spiralförmigen Bewegung nicht mehr aufsteigt, als wenn sie in einem Gefängnis gehalten würde . Der Sonnenlauf der kürzer werdenden Tage, also die erste Jahreshälfte, wurde als rechts beginnende Spirale, die Zeit der länger werdenden Tage, das zweite Halbjahr, als links beginnende Spirale symbolisiert. Die Trennung der beiden, also die Jahreswende zur Wintersonnenwende, wurde durch eine die beiden Spiralen durchschneidende Linie dargestellt.
Nur in den nördlichen Breitengraden konnte also die Mythe der Gefangennahme der Sonne in der Trojaburg entstehen.

Das vereinfachte Symbol der durchschnittenen Spiralen  war das Zeichen >I< (die germanische Rune I><I ), die Doppelaxt, griechisch >>labrys<<. Dieses Symbol findet sich auch bei amerikanischen Indianervölkern als Symbol für die Wintersonnenwende.[3] Von diesem Wort leitete sich wiederum die Bezeichnung für die Trojaburg im Süden Europas ab und wurde auf dem Rückweg in den Norden zum heute gebräuchlichen Wort für die Trojaburg - dem Labyrinth.
Nachdem ursprünglich das Gefängnis der Sonne, die Sonnenfalle als kleinster Bogen des Sonnenlaufes der Wintersonnenwende als  I-Zeichen, dem Symbol der Mütternacht und der Wintersonnenwende, dargestellt wurde[4]  - daraus die jüngere germanische Odalsrune -  ergab sich aus den Spiralen als Symbole des Sonnenlaufes schließlich die Trojaburg als Gefängnis der Sonne.
Aus diesem Gefängnis wurde sie symbolisch durch den strahlenden Helden, dem Lichtbringer oder Gottessohn befreit. Dieser ursprüngliche Gottessohn oder Lichtbringergott, der uns bei den indogermanischen Völkern mit der Stammform Bel / Bal / A-Bel-io (Apollon) überliefert ist - siehe hierzu die Gottheit Ba(a)l der Kelten - und schon in frühesten Zeiten auch in den Orient gelangte, wurde im Zuge der Zurückdrängung des weiblichen Einflußes in Folge der zunehmenden Bedeutung der männerbündischen Fahrten und Kriegszüge zum eigentlichen Himmels- und Sonnengott, dessen Symbol die den Himmel tragende Säule, die Irminsul war. Als Bezeichnungen dieser Himmelsgottheit, deren älteste Form einfach "Irmin(got)" (Hildebrandslied) oder "Er" (häufig als Beiform bretonischer heiliger Bezirke verwendet- Er-Lannic u.a. (man beachte auch die ursprüngliche Bezeichnung des hebräischen Gottes  "El"!) lautete, kennen wir im germanischen Tyr / Ziu, dessen Symbol noch die Himmelssäule war und der in hochgermanischer Zeit zu einem einfachen Kriegsgott degradiert wurde, Phol-site / Fo(r)site, der Himmelsgott bei den Proto-Friesen, abgeleitet von Phol = (Himmels-)Pfahl sowie den griechischen Zeus (von Ziu) und den römischen Jupiter (Zius-piter (=Vater); auch das lateinische Wort Deus für Gott schlechthin leitet sich hier ab.
In slawischen Sagen gibt es noch den Unterwelt Gott Trojan, der auch als Dämon erscheint und ebenfalls aus der Trojaburg Mythe abzuleiten ist.

In Erinnerung der Befreiung der weiblichen Sonne aus dem winterzeitlichen Gefängnis feierte man im Frühjahr, insbesondere zum 1.Mai, das Frühjahrsfest, welches mit tänzerischen Umläufen der Windungen der Trojaburg einherging. Bei einigen Festen standen auch Reiter-Umzüge im Mittelpunkt, bei denen die Form der Trojaburg umritten wurde. Das Pferd stellte insbesondere in Nordeuropa ein heiliges Tier dar, welches sich von den Megalithkulturen bis zu den Germanen (Sleipnir als Pferd Odins) nachweisen läßt.
Beritten waren auch die Helden, welche die Sonnenjungfrau befreiten, vielleicht geht sogar Homers Erzählung des trojanischen Pferdes auf die Mythe des berittenen Helden zurück, der die Jungfrau befreit - im Falle des homerschen Trojas, die schöne Helena.[5]
 Im keltischen hat sich dieser Brauch und die Erinnerung an den Lichtbringergott zum 1. Mai, der uns heute noch als "Tanz in den Mai" bekannt ist, im  "Beltaine-Fest" erhalten, in dem auch noch der Name des Lichtbringergottes bewahrt wurde, während er im keltischen Götterpantheon lediglich noch als Kriegsgott Belenus erhalten blieb. Vor allem in Nordeuropa haben diese Maitänze an den Trojaburgen bis in heutige Zeiten überdauert. In Schweden heißt noch heute der Berg einer Trojaburg Maienberg.
In Steigra wurde das Frühlingsfest am Wochenende nach dem St.Georgstag (23. April) begangen, wobei St. Georg die christliche Umformung Siegfrieds bzw. Wodans ist. Bei diesem Fest befreite St. Georg eine Jungfrau aus den Fängen des Drachen.

In Nordeuropa findet sich auch die größte Dichte an Trojaburgen, in Skandinavien soll es noch über 500 Exemplare geben, allein werden die meisten aufgrund unmöglicher direkter Datierung ihres Alters für wesentlich jünger gehalten als sie wirklich sind. So finden sich oft Bezeichnungen als Schwedenburg oder -kreis, die man in Verbindung zum 30-jährigen Krieg und der schwedischen Präsenz in Deutschland setzte, obgleich sich in direkter Umgebung der Trojaburgen oft Zeugnisse finden, die bis in die Bronzezeit zurückreichen. So findet sich bei Steigra /Sachsen-Anhalt, ein als neolithisch beschriebener Grabhügel.
Die Form der Trojaburgen besteht zumeist aus hand- bis tellergroßen Steinen (Visby/ Gotland), vereinzelt auch aus Erdwällen bzw. -furchen (Steigra)
Wie man aufgrund der mittlerweile erwiesenen astronomischen Kenntnisse in Mitteleuropa seit ältesten Zeiten erwarten durfte, finden sich auch bei den Trojaburgen astronomische Auffälligkeiten. So ist etwa der Eingang der Trojaburg von Steigra nach dem Sonnenuntergang zur Sommersonnenwende ausgerichtet.[6]

Vom Norden Europas lassen sich die Verbreitungsgebiete auf den Wanderwegen der Nordleute in den Mittelmeerraum nachweisen. Ein wichtiges Zeugnis findet sich im Val Camonica in den italienischen Alpen, entlang der Via Mala. Von hier stammt der Krug von Tagliatelle mit seiner Darstellung einer Trojaburg. die als einziges bildliches Zeugnis die Bezeichnung Troja enthält und zwei Reitern, die wohl ein kultisches Abreiten der Trojaburg-Windungen darstellte, wie es uns noch aus späterer Zeit aus den Anfangstagen Roms überliefert wird.[7]
 
Je weiter wir in den Mittelmeerraum gelangen, desto verbreiteter wird die Bezeichnung Labyrinthos (Doppelaxt) für die Trojaburg.
Das wohl bekannteste dieser Labyrinthe war das von Knossos auf Kreta.
Der Sage nach schuf der bekannteste Baumeister der Antike, Dädalus, dem kretischen König Minos dieses Gewirr von Gängen, um dem halb Mensch, halb Stier Ungeheuer Minotaurus, einzusperren. Dieser war der Sage nach die Frucht der Lenden der Königin Pasiphae mit einem weißen Opferstier Poseidons.
Der Sage nach mußten die Griechen (Athener) aufgrund einer aus einem verlorenen Krieg mit Kreta resultierendem Friedensvertrag, alle neun Jahre sieben der edelsten Kinder ihrer Stadt opfern. Theseus, der Sohn des athenischen Königs Ägeus, machte sich auf die Reise, dieser Unsitte ein Ende zu setzen und den Minotaurus zu töten. Dabei war ihm Ariadne, die Tochter Minos behilflich, die ihm einen Faden mit auf den Weg gab, durch den Theseus nach Bezwingung des Minotaurus den Weg aus dem Labyrinth fand (nach einer anderen Version gab sie ihm eine mit Juwelen besetzte Strahlenkrone). Mit Ariadne, der Verkörperung der Sonne, gelang Theseus darauf hin die Flucht von Kreta.
Diese uralte Mythe des Lichtbringenden Gottessohnes der das Winter-Ungeheuer (Minotaurus) überwindet und die Sonne (Araidne) gewinnt, begegnet uns nicht nur in Kreta, sondern ebenfalls in den Mythen von Siegfried (verchristlicht St. Georg) dem Drachentöter sowie in zahlreichen Märchen (Rapunzel / Dornröschen).   
 
Allerdings konnte auf Kreta kein Labyrinth entdeckt werden, lediglich auf Münzen tauchen Labyrinthe auf, die stark den skandinavischen ähneln. Neben der Überlieferung Homers, gibt es in der antiken griechischen Literatur weitere Quellen zur Theseus-Sage, die davon sprechen, daß Theseus die erretttete Ariadne ("Sonne") auf Vermittlung von Athene (die ursprünglich ebenfalls Verkörperung der Sonne war!) dem Dionysos überläßt. Diese Sage spiegelt den Ausgleich zwischen Winter (=Dionysos) und Sommer (=Theseus bzw. Apollon) wider, die sich die Sonne gemäß dem Wechsel der Jahreszeiten teilen müssen. Eine ähnliche Überlieferung findet sich für die Sonneninsel Delos, die mythische Geburtsstätte Apollons, die letzterer im Herbst dem Dionysos überließ, während er selbst in seine eigentliche Heimat im Norden reiste.
Danach soll Theseus auf Delos auch den Trojatanz gestiftet haben, obgleich Homers Überlieferung der Stiftung durch den Baumeister Dädalus besser mit der germanischen Überlieferung der Baumeister-Saga der Edda und der Anrufung Wielands beim Tanz übereinstimmt, nach dem die nordischen Trojaburgen auch Wielandshäuser hießen.
Eine weitere Bestätigung für die Herkunft der Trojaburgen mit ihren Trägern aus Nordeuropa findet sich in einer Sage der Ostsee-Insel Gotland, die von einer Auswanderung des dritten Teils der Jungmanschaften nach Griechenland berichtet.[8] 
 
Die Verbreitung der Trojaburg reichte jedoch auch weit über Europa hinaus:
In Indien findet sich das Symbol der "nandavartaya", einer Mischung aus Hakenkreuz und Labyrinth.
In Amerika ist die Trojaburg in Felszeichnungen ebenfalls nachweisbar (Santiago del Estero/ Argentinien)  - hier finden sich auch Ortsbezeichnungen mit der Stammsilbe Troja (zumeist für Festungen).[9]
Sogar auf den Hebriden, in Neuseeland sowie Australien finden sich labyrinthische Spieltänze in Zusammenhang mit der Wiedergeburt der Toten.

Heutige Labyrinthe
In christlichen Kirchen taucht im Mittelalter das Symbol der Trojaburg als Labyrinth- mit erkennbarem vorchristlichen Inhalt wieder auf: Durch das Durchschreiten des Labyrinthes erlangt der Gläubige Erlösung / Wiedergeburt .
In späteren Zeiten wird das Labyrinth zur bloßen "Lustwandelstättte" etwa für französische Könige.
Lediglich im Norden Europas, dem einstigen Ursprungsgebiet, erhalten sich die Tänze mit der kultischen Symbolik bis in die heutige Zeit !

Literatur:

de Mahieu, Jacques: Die Erben Trojas. Tübingen 1971
Hallmann, Frithjoff: Das Rätsel der Labyrinthe. Ardagger 1994
Krause, Ernst: Die Trojaburgen Nordeuropas. 1893 / Nachdruck Osnabrück 1983
Wirth, Herman: Der Aufgang der Menschheit. Jena 1928


            

 

© 2013 Parzifal Gestaltung: Druckfahne Medien. Template Idee: ChocoTemplates.com