Trojaburg
 
 

Die deutsche Atombombe

Anfang der 1990er Jahre begab sich ein deutscher Forscher auf die Spur von Legenden über eine deutsche Atombombe. Was Harald Fäth - so der Name des Forschers - herausfand, stellte die bisherige Ansicht, derzufolge Deutschland die Entwicklung einer Atombombe nicht vorangetrieben habe, in Frage: Seinen Erkenntnissen zufolge wurde an einer V-2 Nachfolgerrakete gearbeitet, die einen nuklearen Gefechtskopf nach Amerika transportieren sollte. Jahrzehntelang hieß es, daß die Entwicklung einer deutschen Atombombe während des Krieges eingestellt wurde, da die Ausgangsstoffe , u.a. Schweres Wasser durch die Sprengung einer norwegischen Produktionsfabrik am 28. Februar 1943, nicht mehr zugänglich waren. Überdies gab Werner Heisenberg an, daß das deutsche Atomprogramm bereits 1941 offiziell eingestellt wurde. Daß jedoch neben der offiziell bekannten Forschergruppe um Werner Heisenberg, Carl Friedrich von Weizsäcker und Otto Hahn am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin noch weitere Wissenschaftlergruppen existierten, die sich mit der Kernforschung befaßten, war zwar bekannt, wurde aber aufgrund offenkundiger Bedeutungslosigkeit vernachlässigt: Neben einer von Kurt Diebner geleiteten Einrichtung des Heereswaffenamtes in Kummersdorf, später Stadtilm,  arbeitete auch Paul Harteck an der Universität Hamburg am Bau eines Uran-Versuchsreaktors. Thomas Mehner und Edgar Meyer fanden angeregt von Fäth in jahrelangen Recherchen nunmehr heraus, daß daneben noch eine Forschergruppe unter Befehl der SS existiert haben muß, die in ihrer Arbeit weiter fortgeschritten war, als die offiziell präsentierte Expertengruppe. Bereits seit 1939 hatte die SS demzufolge im Köln-Bonner Raum eine „Denkfabrik“ zur Entwicklung atomarer Waffen eingerichtet, die während des Krieges mit anderen geheimen Einrichtungen in Ohrdruf / Thüringen und Böhmen - vielleicht auch bei Auschwitz - zusammenarbeitete, um bereits 1943/44 erste „einsatzbereite Waffensysteme liefern zu können.“  
Bestätigt wurden die Forschungen durch den Berliner Historiker Rainer Karlsch: In den beiden letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs sollen bei „nuklearen Versuchsexplosionen“ in Thüringen und auf Rügen mehrere hundert Kriegsgefangene und Häftlinge ums Leben gekommen sein, wie er seinem Buch „Hitlers Bombe“ unter Berufung auf bisher unbekannte Quellen in russischen Archiven und auf Ergebnisse von DDR-Amateurforschern angibt. Laut Zeit-Online sollen insgesamt fünf Physikprofessoren durch Messungen bestätigt haben, daß „in Ohrdruf Spuren eines nuklearen Ereignisses vorhanden“ seien.
Trotz aller Zweifel an einem erfolgreichen deutschen Atomwaffen-Programm - erfolgreich zumindest was die Herstellung von Atombomben betrifft - ist die dafür sprechende Beweislast zu erdrückend: Neben Augenzeugenberichten über deutsche Atomwaffen-Tests und Kleinstatomwaffen, die in Stadtilm sichergestellt worden sein sollen, sind es vor allem alliierte Militärberichte, die für den erfolgreichen Abschluß des Atombombenbaus sprechen. Allerdings verbleibt die Frage, warum diese Waffe nicht eingesetzt wurde?    

„Operation Avalon“ - Verschwörung gegen Hitler

Eine mögliche Erklärung weist zugleich auf das bislang weitgehend konturenlos gebliebene Atomprogramm der SS hin. Wie Thomas Mehner und Edgar Mayer nahelegen, gibt es gute Gründe für die Annahme einer Verschwörung gegen Hitler und auch Himmler durch Partei- und SS-Kreise, in der die deutsche Atombombe eine wesentliche Rolle spielte. Beteiligt waren neben Karl Wolff insbesondere Martin Bormann, Albert Speer und Hans Kammler - drei der wenigen vorgeblich Überlebenden des Krieges aus Hitlers engstem Umkreis.
Das von den Autoren unter dem Decknamen „Operation Avalon“ skizzierte Szenario umfaßt die Existenz einer einsatzfähigen Atombombe in den letzten Kriegswochen. Dies würde sowohl Hitlers Enthusiasmus als auch den seiner Vertrauten Himmler und Goebbels erklären. Denn die lang angekündigten „kriegsentscheidenden“ Wunderwaffen erschöpften sich nicht in konventionell bestückten V2- oder ähnlichen Raketen, sondern bezogen sich auf atomare Waffen, entweder als Sprengkopf einer A-10 Amerika-Rakete oder als atomar bestückter Langstreckenbomber. Doch anstatt die Waffe gegen die Alliierten einzusetzen, sollen sich die drei genannten Protagonisten zusammengetan haben, um die Waffe als Pfand gegenüber dem Feind zu verwenden - im Austausch für die eigene Immunität. Dies könnte wiederum den plötzlichen  Stimmungswechsel Hitlers nach Speers letztem Besuch in Berlin am 20. März 1945 erklären. Der These zufolge habe Speer Hitler entweder reinen Wein eingeschenkt, zumindest aber dem Reichskanzler die Mitteilung überbracht, daß die Atomwaffe definitiv nicht mehr zum Einsatz kommen werde. Speer selbst verbüßte zwar 20 Jahre Haft, konnte aber sowohl seine Identität als auch sein bisheriges Leben in seiner Heimat beibehalten.
Die Freiheitsstrafe wäre ihm wohl erspart geblieben, wenn er sich wie Kammler und Bormann entschieden hätte - beide verschwanden von der Bildfläche, ohne Spuren zu hinterlassen. Doch nicht nur das: Für beide wurden im Vorfeld Legenden ihres Todes konstruiert, die von zurückbleibenden Kameraden erzählt werden sollten. Im Falle des vorgeblichen Todes Bormanns - auf der Flucht aus dem Bunker in Berlin - hat dies besser funktioniert, als im Falle Kammlers, denn über Letzteren kursierten bald drei verschiedene Todeslegenden. Haben hier einige Beauftragte etwas durcheinander gebracht? Sei es wie es sei, Fakt ist, daß Kammler trotz seiner gewichtigen Rolle bei der Leitung des Sonderwaffeneinsatzes und seiner Verantwortung für den Tod vieler Zwangsarbeiter bei keinem der Nachkriegs-Tribunale  nähere Beachtung fand. Statt dessen gibt es merkwürdige Indizien, die auf eine deutsche Herkunft des amerikanischen Plutoniums der beiden eingesetzten US-Atombomben sprechen: Demnach soll das Uranium (spaltbares Uran 235) von Bord des U-Bootes U-234 stammen, das sich im April 1945 auf dem Weg nach Japan befand.   
Eine in der Tat abwegig scheinende Geschichte - wenn es nicht eine ganze Reihe heute unbestrittener Friedensverhandlungen seitens verschiedenster deutscher Kreise mit den Alliierten gegeben hätte. Sicher ist, daß es in den letzten Kriegsmonaten auch Kreise der SS eine rege diplomatische Tätigkeit entfalteten: Sowohl Gottlob Berger, Chef des SS-Hauptamtes, als auch Heinrich Himmler selbst streckten Fühler für einen Seperat-Waffenstillstand mit den westlichen Allierten aus. Berger hatte bereits in einem vertraulichen Brief an Himmler vom 26.9.1944  vorsichtig Verhandlungen mit der sowjetischen Seite vorgeschlagen, „um im Osten den Rücken frei zu bekommen“. Er spekulierte als Reaktion auf einen englischen Kriegsaustritt.
Als dieser Vorschlag ohne Reaktion blieb, richtete Berger sein Augenmerk auf die Westalliierten und schickte Anfang 1945 Emissäre in die Schweiz, um dort Verhandlungen mit US-Vertretern zu führen. Im April 1945 einigte er sich mit Eisenhower auf die Übergabe von prominenten Gefangenen, die angeblich auf Befehl Hitlers erschossen werden sollten.
Im „Wilhelmstraßen-Prozeß“ 1949 wurde er zwar zu 25 Jahren Haft verurteilt, kam aber bereits 1951 wieder auf freien Fuß - zusätzlich stifteten ihm die Amerikaner als Dank für die Rettung der Gefangenen eine bronzene Dankestafel auf seinem Grab in Gerstätten.
Ebenso wie Berger zählten auch Richard Hildebrandt, letzter Chef des RuSHA, und Georg Erbrecht, SS- und Polizeichef in Königsberg, zum Kreis der Verschwörer.  Letzterer hatte sich allerdings an die Sowjets gewandt und diesen scheinbar einen Dienst erwiesen, wurde er doch später in den Stasi-Akten als „Friedenskämpfer“ geführt.   
Die wichtigsten Verhandlungsobjekte, um den Alliierten Zugeständnisse abzupressen, waren entweder Gefangene, vor allem jüdischer Herkunft, Hochtechnologie und Waffen sowie Kunstschätze, die im Osten sichergestellt worden waren. Hierzu zählten etwa eine Ikonensammlung aus Kiew und vielleicht sogar das sagenumwobende Bernsteinzimmer, das seit seiner Evakuierung aus Ostpreußen als verschollen gilt.  
Eine weitere Spur im Zusammenhang mit Kunstschätzen als Pfand bei geheimen Friedensverhandlungen mit den Alliierten führt zu Martin Bormann. Dieser deckte den Gauleiter von Ostpreußen Erich Koch bei der Sicherstellung der besagten Ikonen-Sammlung vor Alfred Rosenberg. Und auch Hans Kammler war involviert: Gemeinsam mit Himmler und dessen Auslandsspionage-Chef Walter Schellenberg traf er sich im Oktober 1944 in der Schweiz mit einem Vertreter orthodoxer amerikanischer Rabbiner, um über die Auslieferung von 600 000 Juden gegen 5 Mio Schweizer Franken oder Traktoren und Landwirtschaftsgeräte zu verhandeln.  
Was eine Zusammenarbeit zwischen Kammler und Bormann darüber hinaus nachvollziehbar erscheinen läßt, ist die Tatsache, daß sich beide aus ihrer gemeinsamen Kampfzeit Anfang der 20er Jahre im Freikorps Roßbach kannten. Kammler war - noch bevor die Allierten das tatsächliche Ausmaß der Forschungen des Kammler-Stabes überblicken konnten - aufgrund seiner Bedeutung  für die V-Waffen Produktion in den letzten Kriegsmonaten tatsächlich ein Angebot von US-Seite unterbreitet worden, in den USA am Aufbau der Raketenindustrie mitzuarbeiten, wie Kammlers Frau nach dem Krieg angab! Um sich abzusichern, habe Kammler aber von sich aus zeitgleich Kontakt zu den Sowjets aufgenommen, um Verhandlungen über die Auslieferung von Waffenmaterial zu führen. Dies sei, so Georg, auch der Grund, warum nach dem Krieg beide Seiten die jeweils andere verdächtigten, Kammler aufgenommen zu haben. Sicher ist jedenfalls, daß eine ganze Reihe von Forschern aus dem Kammler-Stab bei der Besetzung Pilsens Anfang Mai 1945 durch Kräfte unter dem Befehl General Pattons  gefangen gesetzt und später in amerikanische Dienste übernommen wurde.  
Ein anderer Teil hatte sich ebenso wie die Raketentechniker um Wernher von Braun nach Bayern abgesetzt. Auch Kammler, der am 3. April seinen Abschiedsbesuch bei Hitler antrat, hatte bereits ein Quartier bei München eingerichtet und teilte Albert Speer mit, warum es besser für diesen sei, sich ihm anzuschließen. Tatsächlich liefen bereits seit einiger Zeit Bestrebungen, in Südbayern ein letztes Verteidigungsbollwerk gegen die Alliierten aufzubauen, die sogenannte Alpenfestung. Heute wird diese - ebenso wie die tatsächlichen Vergeltungswaffen - als Mythos bezeichnet. Dennoch gibt es Hinweise, daß erst Vorkommnisse in den letzten Kriegstagen eine Aktivierung der Alpenfestung verhinderten:
Eben jene gegen Hitler gerichtete Verschwörung durch drei der mächtigsten Männer dieser letzten Kriegstage? Unabhängig von Mehner und Mayer bestätigt auch Nick Cook genau diese Verschwörung: „Dann aber teilte Kammler dem Reichsminister für Bewaffnung und Munition mit, es seien Bestrebungen im Gange, den Führer zu beseitigen. Er habe vor, Kontakt mit den Amerikanern aufzunehmen und ihnen im Austausch für seine persönliche Freiheit alles anzubieten - Strahlflugzeuge, die A4-Rakete und andere bedeutsame Entwicklungen“
Speer selbst habe - wie er nach dem Krieg beteuerte - dieses Angebot abgelehnt. Jedenfalls gehörte er nicht zu den Akteuren, die sich absetzten - indes scheint angesichts der vorliegenden Fakten seine ursprüngliche Beteiligung an dem Komplott durchaus glaubhaft zu sein. Vielleicht stieg er erst aus als klar war, daß die Amerikaner nicht über ein weiterbestehendes Reich mit ihm als wichtigem Akteur verhandelten, sondern lediglich um die persönliche Freiheit im Gegenzug für die geheimen Waffentechnologien.

 

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