Trojaburg
 
 

Joseph Otto Plassmann

Plassmann-Darsteller in Spielfilm

Joseph Otto Plassmann gilt nach Walter Wüst und Wolfram Sievers als wichtigster Forscher innerhalb der Organisation Ahnenerbe. Er war zugleich der führende Protagonist der Volkskunde im 3. Reich und stellte als Schriftleiter der Ahnenerbe-Zeitung „Germanien“ (seit 1936) die Weichen für die praktische Vermittlung der innerhalb des ahnenerbe erarbeiteten Forschungsergebnisse. 1895 in Arnsberg als Sohn eines Oberlehrers geboren, verbrachte er hier seine ersten Schuljahre bevor die Familie nach Aufstieg des Vaters in die Position eines Universitätsprofessors nach Warendorf / Westfalen zog. Hier absolvierte der streng katholisch erzogene Plassmann 1913 sein Abitur - rechtzeitig um bereits ein Jahr später als Freiwilliger am ersten Weltkrieg teilzunehmen. Hier wurde er im Rußlandfeldzug 1914/15 schwer verwundet. Nach teilweiser Genesung, ging er 1917 - erneut freiwillig - als Hilfsreferent der deutschen Zivilverwaltung nach Brüssel, wo er mit dem späteren Ahnenerbe-Begründer Herman Wirth Bekanntschaft machte. Diese Begegnung übte großen Einfluß auf Plassmann aus und veranlaßte ihn, neben dem angestrebten Studium der Germanischen Sprache und Kulturgeschichte auch das Fach Religionswissenschaften zu belegen. Noch während seiner Studienzeit engagierte sich Plassmann 1919/20 in der Münsteraner Bürgerwehr gegen die Rote Ruhrarmee. Nach Beendigung seines Studiums mit dem Staatsexamen für das höhere Lehramt und anschließender Promotion 1921, verfaßte er zahlreiche Aufsätze zu germanen- und volkskundlichen Themen bevor er 1923 zur Pressestelle Rhein Ruhr, des „Abwehrkampfes an der Ruhr“ gegen die französische Ruhrgebietsbesetzung gelangte. Eine weiterführende Tätigkeit innerhalb des Staatsdienstes nach dieser Zeit blieb ihm als „Kriegsversehrter“ nach seiner Verwundung im ersten Weltkrieg verwehrt. So hielt er sich in den nächsten drei Jahren mit diversen Aufsätzen für verschiedene Zeitschriften über Wasser, bevor er 1927 Bekanntschaft mit Wilhelm Teudt machte und mit diesem zusammen 1928 die „Vereinigung der Freunde germanischer Vorgeschichte“ begründete.
Aus diesem Verein heraus wurde kurz danach die Zeitschrift Germanien ins Leben gerufen, die vor allem Beiträge Wilhelm Teudts und J.O. Plassmanns, aber auch Artikel Herman Wirths abdruckte, dessen Forschungen einen hohen Stellenwert in Plassmanns Auffassung der Frühgeschichte einnahmen. Etwa zeitgleich erfolgte Plassmanns Annäherung an die NSDAP, der er 1929 beitrat und für die er ab 1934 hauptamtlich als Referent in der Reichsführung des Reichsbundes „Volkstum und Heimat“, in der Amtsleitung der NS-Kulturgemeinde Alfred Rosenbergs und ab Oktober 1935 als Abteilungsleiter des Stabsamtes des Reichsbauernführers wirkte. Mit der Ãœberführung der Zeitschrift „Germanien“, als deren Schriftleiter Plassmann seit 1934 fungierte, in das 1935 neubegründete Amt Ahnenerbe, wurde er 1936 zum ehrenamtlichen Mitarbeiter bevor Sievers ihn aufgrund seiner Unentbehrlichkeit am 1. Januar 1937 vom Reichsnährstand in das RuSHA der SS  überstellte, wo er offiziell als Abteilungsleiter des Rasseamtes II fungierte, tatsächlich jedoch ausschließlich für das Ahnenerbe tätig war. Die mit der hauptberuflichen Ahnenerbe-Anstellung verbundenden Aufgaben Plassmanns bestanden primär, im Ausbau der Zeitschrift „Germanien“ „zu einem stoßkräftigen Kampfblatt für die weltanschauliche Schulung nach den Grundsätzen der SS“, die fortan in nichts dem von Hans Reinerth herausgegebendem Konkurrenzblatt „Germanenerbe“ des Rosenbergschen Volksbundes nachstehen sollte.   
Aufgrund des großen Zuspruchs insbesondere durch den neuen Ahnenerbe-Präsidenten Walther Wüst, der ihm bescheinigte, „aufgrund seiner Gesamtleistung unbedingt der alten Schule von Germanisten“ zugerechnet werden zu müssen, „die von den Gebrüdern Grimm begründet worden ist“, übernimmt Plassmann nicht nur im Februar 1937 die Führung der neugegründeten Ahnenerbe „Pflegestätte für Märchen- und Sagenkunde“, sondern darüber hinaus noch die Schriftleitung von drei anderen Ahnenerbe-Publikationen: Nordland, FM-Zeitschrift und „Das Thema von Morgen“.
Weiterhin auffällig ist Plassmanns Schreib- und Arbeitsfleiß, der umso erstaunlicher scheint, als daß er für seine Tätigkeit lediglich mit einem geringen Einkommen entlohnt wird. Zwischen 1925 und 1942 verfaßt er über 70 wissenschaftliche Artikel, davon 60 innerhalb der Zeitschrift „Germanien“, sowie zahlreiche Buchrezensionen.
Gekrönt werden soll seine schriftstellerische Tätigkeit durch seine - schon vor Fertigstellung von Wüst überschwenglich gepriesene  - Habilitationsschrift über die sächsischen Kaiser, die im Dezember 1980 an der Universität München eingereicht wurde. Hintergrund dieser Lobpreisung war dabei allerdings die drohende Entlassung Plassmanns aus dem Ahnenerbe durch ein im April 1937 eingeleitetes SS-Disziplinarverfahren nach einem Streit Plassmanns mit Angehörigen der Hitlerjugend. Trotz der breiten Front an Unterstützung für den Germanien-Schriftleiter, wurde er aufgrund des Verfahrens tatsächlich im November 1937 aus der SS entlassen, jedoch nur für einen kurzen Zeitraum. Während er seine Tätigkeit innerhalb des Ahnenerbe auf Himmlers persönliche Weisung davon unbeeindruckt beibehielt, sprach ihn schließlich auch das SS-Ehrengerichtsverfahren noch Ende des Jahres von allen Vorwürfen frei und er wurde wieder in die SS aufgenommen. Zugleich erhielt er eine Festanstellung im Ahnenerbe, was sein bislang eher kärgliches Einkommen bedeutend verbesserte.  Weniger Glück hatte Plassmann indes mit seiner Habilitation - dort bahnte sich ein Streit zwischen dem Hauptgutachter Höfler und dem Zweitgutachter Erich Gierach an - weniger über die Arbeit Plassmanns, denn über deren persönliches Verhältnis. Jedenfalls wird Plassmann von Wolfram Sievers nahegelegt, die Arbeit vorerst zurückzuziehen, was dieser mit dem Verweis auf eine von ihm  gewünschte Erweiterung dann im März 1940 auch tat. Für Michael Kater, den Verfasser der Ahnenerbe-Monographie, war dieses, zumindest scheinbare, Scheitern Anlaß, Plassmanns Fähigkeiten generell in Frage zu stellen. Daß dies fernab jeglicher Realität ist, räumt selbst die dem Ahnenerbe-Mitarbeiter nicht allzufreundlich gesonnene Gisela Lixfeld ein: „dieses Urteil - wohl auch in der von Kater immer wieder vorgenommenen strikten Scheidung in Koryphäen und Dilettanten begründet - läßt sich mit Hilfe der überlieferten Akten nicht erhärten.“  
Im Juni 1940 wird Plassmann“zur Sicherung von Kulturgütern“ in das besetzte Paris entsandt, wo er unter anderem französische Dokumente zum Westfälischen Frieden entdeckt, die für eine gemeinsame Publikation mit Dr. Schulte / Münster Verwendung finden. Seit August 1940 wirkt Plassmann ferner innerhalb des „Germanischen Wissenschaftseinsatzes“ zur Gewinnung von europäischen Freiwilligen für den Nationalsozialismus in den besetzten Ländern Belgien und den Niederlanden und wird aufgrund seiner Erfolge 1941 zum Ahnenerbe-Verbindungsmann zum SS-Hauptamt „Germanische Freiwilligen Leitstelle“ ernannt.
Durch den erzwungenen Rücktritt des seinerzeitigen Dekans des Volkskunde-Lehrstuhles in Bonn, Heinrich Harmjanz und den Tod dessen vorgesehenen Nachfolgers Erich Röhr, wurde Plassmann als neuer Volkskunde Lehrstuhlinhaber vorgeschlagen und reichte seine Habilitationsschrift zum Thema „Untersuchungen zur germanischen Sagen- und Religionsgeschichte bei Widukind von Corvey“ an der Universität Tübingen ein. Mit einigen Vorbehalten wurde diese im Oktober 1943 angenommen. Nach Ãœberwindung weiterer Widerstände im Bonner Universitätsbetrieb wurde Plassmann schließlich im Wintersemester 1944 zum ordentlichen Professor bestellt, nachdem er am 1. Mai aus dem hauptamtlichen Dienst des Ahnenerbe ausgeschieden war um bereits als Vertreter für den vakanten Volkskunde-Lehrstuhl zu fungieren.  
Plassmann wird aus heutiger Sicht insbesondere seine hervorstechende propagandistische Tätigkeit im Sinne der NS-Machthaber zur Last gelegt, die sich insbesondere in seinen Germanien-Artikeln zum Beginn des Krieges widerspiegelt: „Deutschösterreichs germanische Sendung“ (nach dem Anschluß Österreichs 1938), „Germaniens europäische Sendung“ (1940; siehe unten) und „Germaniens Sendung und ihre Erfüllung“ (1940). Unbestritten identifizierte sich Plassmann mit der nationalsozialistischen Idee und versuchte dieses auch in seiner Tätigkeit als Schriftleiter nicht nur in „Germanien“ umzusetzen.
Vor allem durch seine lange Zeit ehrenamtlich ausgeführte Tätigkeit für die Zeitschrift Germanien offenbart sich jedoch, daß Plassmann hauptsächlich aus idealistischen Gründen wirkte, wobei ihm verschiedentlich eine Ersatzhandlung aufgrund seiner kriegsbedingten körperlichen Behinderung unterstellt wird. Sicherlich trug diese, die auch zur Kriegsdienstfreistellung führte, zum schriftstellerischen Engagement ihren Teil bei, jedoch wäre es angesichts fehlender Hinweise darauf, tendentiös, ihm in seinem Schaffensdrang unlautere Motive vorzuwerfen.  
In der Nachkriegszeit spielte Plassmann als „extrem nationalsozialistisch vorbelasteter“ Wissenschaftler, trotz einiger auch andernorts zitierter Veröffentlichungen (so etwa bei den Mediavisten Helmut Beumann und Walter Stach), keine Rolle mehr. Aufgrund seines HJ-Prozesses und damit verbundener Ausschließung aus der SS sah er sich selbst nicht als überzeugten Nationalsozialisten. Im Gegensatz zu dieser - organisatorischen - Distanzierung blieb er seinen weltanschaulichen Grundthesen auch nach dem Krieg verhaftet. Anders augedrückt, blieb er im Großen und Ganzen - anders als viele seiner Weggefährten - seinem Ideal treu, was sich nicht förderlich auf seine weitere Karriere auswirken konnte.    

Bibliographischer Auszug
- Das Leben des Kaisers Friedrich II. von Hohenstaufen. 1927
- König Heinrich der Vogler. Nach den Quellen erzählt. 1928
- Das Leben Kaiser Ottos des Großen. Nach den Quellen erzählt (1928)
- Wikingerfahrten und Normannenreiche (1929)
- Leben und Treiben der alten Münsterländer (1935)
- Deutsches Land kehrt heim. Ostmark und Sudetenland als germanischer   Volksboden. Gemeinsam mit G. Trathnigg (1939)
- Der Jahresring. Ein Wegweiser zum deutschen Ahnenerbe. 1941
- Ehre ist Zwang genug (1941)
- Briefe von Dunkelmännern An Magister Ortvinus Graticus aus Deventer Professor der schönen Künste zu Cöln. (1941)
- (Hg.) Kleine Kostbarkeiten aus Kunst und Geschichte (1942)
- Vom göttlichen Reichtum der Seele (1951)
- Widukinds Sachsengeschichte im Spiegel altsächischer Sprache und dichtung. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, 24. Jg., 1952
- Princeps und Populus. Die Gefolgschaft im ottonischen Staatsaufbau 1954

[Aus: Indogermanisches Erbe & 3. Reich]

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