Trojaburg
 
 

Die Bedeutung des Parcival-Mythos

Nur dem unbedarftem und unverbildetem, dem reinen und jungfräulichem „Toren“ ist es vorherbestimmt, das Geheimnis des Grals zu schauen und zum Gralskönig zu werden. Der Gral selbst, als „Schale, die nie versiegenden Speis und Trank“ hervorbringt, ist dabei eine Allegorie auf das Leben und die Göttlichkeit selbst, die ebenfalls immer wieder neues Leben hervorbringt.

So wie die Ausbildung zum Ritter Parcival aus erlernter Höflichkeit davon abhält, dem Fischerkönig im Gralsschloß („Totenreich“?) die entscheidende Frage zu stellen („Wem dient der Gral?“), so sind es heute die gesellschaftlichen Eliten, die aufgrund ihrer vermeintlichen Bildung nicht in der Lage, die entscheidenden Fragen zu stellen. Parcival ist dem der Gegenentwurf – so wie der einfache Mann in seinem Herzen die Vaterlandsliebe und die Verbundenheit mit seinesgleichen ebenso spürt wie die Familie als Keimzelle des Lebens erachtet ( ein Grund übrigens warum in patriotischen Bewegungen auch immer eine große Anzahl intellektuell nicht sonderlich begabter Menschen anzutreffen ist, da diese unverbildet noch das natürliche Gespür, den Instinkt, für richtig und falsch besitzen). 

Diese Mythe des jungen Erlösers Parcival ist dabei zwar christlich adaptiert worden, geht allerdings auf vorchristliches Gedankengut zurück. Wolfram überliefert in seiner Parcival-Erzählung ausdrücklich die heidnische Herkunft der Parcival-Sage. Sie ist eine Abwandlung  des alten Lichtbringerglaubens, der sich bereits jungsteinzeitlich in der Verbreitung der Megalith-Religion nachweisen läßt. Hier war der Lichtbringer der als Sohn des Gots vorgestellte Jüngling, der die Sonne aus ihrem Wintergefängnis befreite und damit die Natur zu neuer Blüte nach dem Winter brachte. Von seiner Geburtsstätte im Norden verbreitete er sich mit den nordischen Stämmen in weite Teile der Welt: In den Mitelmeerraum als Apollon, der stets im Winter in seine nordische Heimat zurückkehrte – nicht weil es dort im Winter so schön ist, sondern um die Natur wiederzuerwecken -, nach Persien und Indien, wo er als Indra „die Wässer befreit“, die vom Winterdämon Vritra gefangen gehalten werden und selbst in Amerika finden sich Anspielungen auf den steinzeitlichen Lichtbringer.

 In den Veden, den indoarischen heiligen Texten, finden wir auch erstmals den heiligen Kessel des Sonnengottes Vivasvant und eine diesem entsprechende „heilige Wunschkuh“, die beide auf wundersame Weise Brei und Milch bzw. Soma (heiliger Opfertrank aus Milch und Alkohol) produzieren (vgl. die Märchen „Der süße Brei“, Grimms M. Nr. 103 und „Tischlein-Deck-Dich“) – beide symbolisieren die Sonne als „Erwecker der Natur“.

Verwandt damit ist der germanische Metkessel, den Thor (der germanische Indra) von Hymir für das Götterfest nach seinem Sieg über Loki holt. Ebenso existieren bei den Kelten eine ganze Reihe von Kesseln, am bekanntesten der des Bran (walisischer Schutzgott der Barden) oder der Kessel der Zauberin Ceridwen (Zauberin zur Zeit König Arthus). Die Bezeichnung per (altindisch caru, nordisch hverr) für den „Zauberbecher“ enthält bereit die Vorsilbe Parcivals (Persifal) – „Parsifal“, enthält zugleich die persischen Worte für „rein“ (fal) und „Tor“ (parsi).

So wurde schon im Jahr 1872 dieser Zusammenhang des Grals mit vorchistlichen Motiven erkannt: „Was den Gral betrifft, ist offenbar die Schüssel in der Legende Joseph von Arimathia an die Stelle des heidnischen Symbols getreten“ (R. Heinzel).

Im Mahabharata findet sich die Geschichte des Rishyacringa, eines reinen Toren, der durch seinen Liebesakt mit der Königstochter eine Dürre im Königreich beendet (Leopold von Schröder).

Der Sohn Parcivals ist Lohengrin, der Schwanenritter. Sein Symboltier der Schwan war bereits das Symbol des Gottes Apollon – der wiederum selbst ein jüngerer Lichtbringergott war, der den älteren Baal/ Bel bzw. Ziu / Irmin / Er nachfolgt (so ist Zeus auch in der griechischen Mythe der Vater des Apollon. Die eigentliche Vatergottheit oder Urgottheit wird dagegen als unsichtbar, allumfassend vorgestellt, die genannten Götter sind lediglich die „Gottessöhne“).

In seinem „Parsifal“ hat Wolfram von Eschenbach die Lehren von Mani und Zarathustra aufgegriffen und diese Gedanken mit der europäischen Wirklichkeit des frühen Mittelalters verbunden und zu einer bis auf den heutigen Tag lebendigen Gralsgeschichte gemacht. Dies ist schon an der Namensgebung für den Helden der Geschichte, den PARSI- (= Anhänger der Lehre von Zarathustra) FAL (= „der Stone of Fal“ war ein Wahrzeichen der Herrscherwürde der irischen Könige) ersichtlich. Sein eigenes Leben beschreibend lässt Wolfram von Eschenbach „Parsifal“ zum Gottsucher werden, der schließlich nach vielen Erlebnissen und Abenteuern vom völlig unwissenden Menschen zum Auserwählten wird, der in den Kreis der Gralshüter aufgenommen, ja zum König des Grals wird. Das Epos endet mit den Worten:

„Wer sein Leben so beendet, dass er die Gnade GOTTES nicht durch Hingabe an die Lust der

Welt verloren, dabei aber auch sich in der Welt bewährt hat, der hat recht gelebt.“

Die Quintessenz aus der Grals- und Parcival-Überlieferung ist also, einerseits zu sich selbst, den Gral in sich selbst, zu finden. Das „Werden was man ist“ aber führt zur Erkenntnis, dass der Lebenssinn darin besteht, Kinder zu zeugen. Also symbolisiert der Gral den allgemeinen Geburts- oder Mutterschoß – so wie der alte arische Kessel Grab und Wiege der Erde, der Erdgeborenen war – der das Geschlecht vor der Auslöschung bewahrt. Die Kinder sind die Träger des gemeinsamen Erbgutes. In ihnen lebt der Mensch fort, in ihnen wird der Mensch gleichsam wiedergeboren. Das bedeutet aber zugleich, im Sinne einer fruchtbaren Zeugung einen nahestehenden, nicht direkt aber mittelbar Verwandten zu wählen, einen aus dem gleichen Geschlecht, der Sippe – dies allein sichert den Fortbestand der Sippe und ist das Geheimnis des heiligen Blutes, des sang real: Die Fortführung der eigenen – im Sinne des Ursprungs der Gralsidee – des nordisch-polaren Blutes !

[Über Parcival]

[Die Wurzeln des Grals]

 

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