Trojaburg
 
 

Troja & die indogermanischen "Reichs-"Gründungen

Die neuere Forschungsgeschichte hat einen engen Zusammenhang
Trojas zum Reich der Hethiter ergeben. Entgegen bisherigen
Annahmen setzte sich dabei die Erkenntnis durch, daß Troja eher
dem orientalischen Kulturkreis , als dem mykenischen zuzurechnen sei.
Korfmann stellt das Troja der von Homer beschriebenen Epoche, in
eine Reihe mit den anatolischen Residenzstädten, wobei Troja selbst
vermutlich von noch größerer Bedeutung als die zeitgleichen war.
Unbeachtet scheint bei der Frage nach Zugehörigkeit zum „westlichen
Abendland“ oder „östlichen Orient“ jedoch der kulturhistorische Hintergund
des Hethiter Reiches. Zur Blütezeit Trojas, um 1300 v. u. Zt.,
bestand das Hethiter Reich bereits seit über 600 Jahren, das dritte
Reich Anittis seit 200 Jahren. Der erste überlieferte Fürst war Anitta,
der im 17. Jahrhundert v.u.Zt. Kanesch zu seiner Hauptstadt kürte.
Die erste eigentliche (altes Reich) Herrschaftsmanifestation etablierte
sich zwischen 1590 und 1560 unter dem König Hattusili I., der weite Teile
Anatoliens und Syriens erobert und die Stadt Hattusa zur Hauptstadt
ausbaut. Der militärische Erfolg der Hethiter war vor allem auf den Einsatz
von Streitwagen begründet, die mit den Hethitern erstmals in den
vorderen Orient gelangten. Obgleich umstritten ist, ob die Hethiter Reiter
im Kampf einsetzten, galten sie ohne Zweifel als exzellente Pferdekenner
und verfügten über umfangreiche Anleitungen zur Ausbildung von
Streitwagen - Pferden.
Kennzeichnend für die Hethiter, die sich selbst als Neser und ihre Sprache
als nesisch bezeichneten (nach Brandau / Schickert: Hethiter), und die
eine nichtindoeuropäische Sprache sprechenden Hurriter, waren einzelne
Fürstentümer die in stete Kriege untereinander verwickelt waren in deren
Verlauf verschiedene Hauptstädte geplündert wurden. Während die Luwier
seit Beginn der hethitischen Reichsgründung fester Bestandteil des Reiches
waren und ungefähr zeitgleich mit ersteren und den Paläern nach
Anatolien gelangten, wurden die hurritischen Mittanni erst um 1450- 1350
v.u.Zt im Hethiter Reich absorbiert, hurritische Götter und Kultur wurden
übernommen.
Unter König Suppiluliuma entstand das neue Reich (1380- 1200). Im 13. Jahrhundert v.u.Zt. erlebte das hethitische Reich seinen größten Höhepunkt: Es
war die herrschende Macht Kleinasiens und unterhielt enge Kontakte
mit Troja, welches eine bedeutende Machtbastion bildete. Zu dieser Zeit
verschärfte sich auch der Gegensatz zwischen Hethitern und Ägyptern, der
schließlich zu der Schlacht von Kadesch führte ( 1275 ?). Obgleich sich
der ägyptische Pharao Ramses II. als Sieger verewigen ließ, geht man heute
von einem Sieg der Hethither aus.
1258 wurde schließlich ein Friedenvertrag, der älteste überlieferte seiner
Art- zwischen dem Hethiter Hattusili III. und Pharao Ramses geschlossen.
Daß es sich beim Hethiter - Reich um einen Vielvölkerstaat handelte,
ist unbestritten. Die Erkennnisse bezüglich der unterschiedlichen verwendeten
Sprachen innerhalb des Reichsgebites - hethitisch als Diplomaten
- Sprache (Bild - ) Luwisch als Sprache für das einfache Volk
- weist ja gerade auf die Notwendigkeit der Vereinfachung der Sprache
aufgrund ethnisch - kultureller Unterschiede hin.
Die - zumindest ursprünglich - herrschende Schicht haben jedoch
zweifelsohne die indogermanische Sprachen sprechenden Volksstämme
gestellt - Hethiter (Neser), Luwier und Paläer, die zwischen 2500
- 2200 in das Gebiet der heutigen Türkei einwanderten.
Woher genau diese Stämme kamen, ist bis heute ungeklärt. Sicher
allein ist nur, daß sie von irgendwo aus dem Norden kamen. Zeitgleich
mit dem Eintreffen der Hethiter in Kleinasien erreichten auch andere
Angehörige der indogermanischen Sprachgemeinschaft ihre neuen
Heimatorte. Die Hethiter gehörten damit zu einer der frühesten nachweisbaren
Wellen indogermanischer Völkerwanderung. Im Verlauf dieser Wanderung gelangten um 2000 v.u.Zt. Einwanderer auf die griechische
Halbinsel und etablierten dort lokale, sogenannte Palastkulturen,
die innerhalb einiger Jahrhunderte ihre Machtbereiche ausdehnten und
im mykenischen Reich kulminierten.
Etwa zur selben Zeit ist auch ein Niedergang der bislang in Europa vorherrschenden Megalithgrabkultur zu verzeichnen, für den man ebenfalls
indogermanische Stämme verantwortlich machte. Lange Zeit galt das
Szenario, das sich indogermanisch sprechende Stämme aus den Weiten
Südrußlands, Angehörige der sogenannten Kurgan - Kultur (benannt
nach den Kurgan - Grabhügeln) mit ihren Pferden nach Nordwest und
Südwest aufmachten. Dabei brachte man sie mit den Kulturen der Schnurkeramiker und den Streitaxtleuten in Verbindung, die als Verbreiter der
indogermanischen Sprache angesehen wurden.
Mittlerweile zeichnet sich in der Forschung eine Mehrheit für die Annahme
ab, nach der sich indogermanische Sprachen bereits im 4. Jahrtausend
v.u.Zt. im Raum zwischen Schwarzem Meer und Nordsee etabliert hatten.
Damit wird die Eingrenzung der Verbreitung dieser Sprachen auf die
Wanderungen der Schnurkeramiker, hinfällig.
Erst seit Ende des 3. Jahrtausends v.u.Zt. ist eine Verbreitung indogermanischer Sprachen untrennbar verbunden mit den Wanderzügen
der Schnurkeramiker, wobei der Herkunftsort dieser Stämme lange Zeit
ebenfalls heftig umstritten war. Nachdem bis Mitte der 40er Jahre
aufgrund sprachlicher und anthropologischer Erkenntnisse eine
Herkunft aus dem nordosteuropäischen Raum als vorherrschend
galt, verdrängte die Kurgan These diese in den nachfolgenden Jahrzehnten.
Hier hat sich nun allerdings die Erkenntnis durchgesetzt, daß die ursprünglichen Indogermanen keineswegs das den Ackerbau vernachlässigende Reitervolk
gewesen sein können, als daß es aufgrund der Kurgan-These gewesen sein müßte und daß zum Anderen, auch die angeblich neuen Einflüsse
in Mittel - und Nordeuropa nichts anderes als Entwicklungsformen
althergebrachter Kulturelemente gewesen sein dürften
- sowohl der Gebrauch von Pferden, die Streitäxte als auch die typischen Grabhügel entsprechen langer, megalithisch - europäischer
Tradition. Untermauert wird der Aufbruch dieser Volksstämme
aus Nordosteuropa nunmehr durch neueste Erkenntnisse, welche die frühesten Schnurkeramiken für die Zeit um 2900 v.u.Zt. für das Gebiet des heutigen Polen
nachweisen, zeitgleich erscheint in Skandinavien die Einzelgrabkultur, die später gemeinsam mit der Schnurkeramik auftritt (AiD 5 / 2003).
Wie weit nun die indogermanischen Hethiter mit den späteren
mykenischen Griechen verwandt waren, darüber schweigt
sich die Forschung aus. Entzifferte hethitische Vertragstexte zeigen in
der Anrede des Königs der Achwajaer (giechisch Achäer) durch den hethitischen
König stets die Benennung als Bruder, was in der Forschung lediglich
als Ausdruck der Gleichrangigkeit der Vertragspartner anzusehen ist ( so
wurde auch der ägyptische König so tituliert; vgl. Latacs).Allerdings wäre
hier auch an verzweigte verwandtschaftliche Verhältnisse wie etwa im
Europa des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts zu denken ist - Voraussetzung
wäre allerdings eine weitestgehende ethnische Verwandtschaft
der Herrscherdynastien.
Lange Zeit galten die Hethiter als Stiefkind der Indogermanistik, in
der Zeit der Betonung anthroplogischer Merkmale wurden die Hethiter
stets ausgeklammert und als orientalisches Volk mit lediglich
indogermanischer Sprache angesehen,wobei vor allem die bildlichen Darstellungen, die an semitische Völker erinnerten, ausschlaggebend
waren(so etwa Günther: Die nordische Rasse bei den Indogermanen
Asiens). Durch den Fortschritt der Forschung erwiesen sich indes
zahlreiche als typisch indogermanisch anzusprechende Gemeinsamkeiten
zwischen den Hethitern und anderen indogermanischen
Völkern, die auch eine nahe ethnische Verwandtschaft
nahelegen.
Am deutlichsten treten diese in der Götterwelt zutage, die sich zwar mit
den angetroffenen Göttervorstellungen vermischte und so das Reich
der Hethiter zum „Land der tausend Götter“ werden ließ, dennoch im
Kern als typisch indoeuropäisch anzusprechen ist. Neben dem höchsten
Gott, dem Himmels/ Wettergott Taru/ Tarhun, auchTeschub genannt
(Analogie zu germ. Tyr - kelt. Taranis - griech. Zeus), der als Attribute
einen Blitz/ Keule sowie eine mit Hörnern versehene Kappe trägt (die
bislang frühesten aufgefundenen Hörnerhelme stammen aus dem
Nordeuropa der Bronzezeit), existierte ein eigenständiger Sonnengott,
der zusammen mit einem Widerpart, dem Mondgott erscheint. Diese
beiden waren jedoch von untergeordneter Bedeutung, denn die Sonne
war hier ursprünglich in der Person der weiblichen Arinna, der Gemahlin
des Wettergottes verehrt worden.
Letztere Sonnengöttin verkörperte bei den Hethitern im Gegensatz zum
männlichen Sonnengott die Nachtgestalt der Erde, ihre Unterweltsform,
dürfte jedoch im Ursprung bei den einwandernden Hethitern ein Relikt
der weiblichen Sonnenverehrung gewesen sein, welche im Zuge der
Wanderung der Hethiter in ihrer Bedeutung zurück gedrängt wurde.
Hier werden also noch megalithisch (vor- ?) indogermanische Relikte aus
einer Zeit deutlich, bevor bei den Indogermanen die weibliche Sonne(-
ngottheit) zum männlichen Himmelsgott (Lichtbringer - Gott) wird.
Auch die Reichseinteilung in einzelne Teilreiche sowie der Staatsaufbau
können als typisch indogermanisch bezeichnet werden (siehe Germanen,Kelten; ebenso Mykene), der König selbst war oberster Priester, Heerführer und Richter. Die vorherrschenden Symbole der Hethiter waren der auch bei den Germanen hervor gehobene Adler, der bei allen indogermanischen Völkern (jedoch auch bei vorindogermanischen Völkern wie den Minoern) verehrte
Stier sowie der Löwe. Auch das Wirken der hethitischen Seher erinnert
an Germanen und Kelten (auch Etrusker):
Zu ihren Orakeltechniken zählten die Zukunftsdeutung aus einer Leber, die Beobachtung des Vogelfluges oder das von einer weisen
Frau durchgeführte Losorakel.
Eine oft in der Forschung vernachlässigte Parallele zu indogermanischen
Völkern zeigen auch die in Troja aufgefundenen Prunkbeile, die starke
Ähnlichkeit mit den Beilen der Streitaxtkultur aufweisen, deren Sprachzugehörigkeit zu den indogermanischen Stämmen als gesichert angenommen werden kann.
Ausgehend von einem um 1300 v.u.Zt. niedergeschriebenen Gebet,
das als Relikt aus der Einwanderungszeit angesehen wird (vgl.
Brandau / Schickert),stammen die einstigen Stammväter der Hethiter
aus einem Land, in dessen Osten die Sonne aufging. Dies trifft in dem
in Frage kommenden Raum auf das Gebiet westlich des Schwarzen
Meeres oder des Kaspischen Meeres zu. Letzteres wäre aufgrund
der Einwanderung aus dem Norden unwahrscheinlicher. Als hypothetisch
anmutende Urheimat käme jedoch ebenfalls das Gebiet Skandinaviens
bzw.Norddeutschlands in Frage, in dessen östlicher Richtung die Sonne
auch aus dem Meer - der Ostsee - aufsteigt.
Indizien für eine nordeuropäische Heimat der „Ur - Hethiter“ erbrachten
die Forschungen Friedrich Cornelius, der anhand der wahlweisen Verwendung
der Konsonanten p und b sowie g und k auf uralte sächsische Mundart schloß und im nordgermanischen Raum den ursprünglichen Sitz
der Hethiter erkannte. Dazu gesellen sich auch die Forschungen Speisers,
der den Hethitern „mit ihren kräftigen langen Nasen und Köpfen“ fälisches
Aussehen bescheinigte. Allerdings war er- ebenso wie der Hethitologe
Bossert- von einer Wanderung der Hethiter nach Germanien nach
der Zerschlagung ihres Reiches um 1200 v.u.Zt. überzeugt. Schließlich
wäre als weiterer Hinweis auch die etymologische Verwandtschaft der
hethitischen Selbstbezeichnung „Hatti“ mit den germanischen Chatti, den
Vorfahren der Hessen, zu nennen. So unglaublich es auch klingen mag - die
Annahme einer engen Verwandtschaft zwischen Hethitern und germanischen Stämmen ist nicht so abwegig, wie es die herrschende Lehre glauben machen will - zumal wenn man sich die überlieferten Wanderungen der Galater nach Kleinasien oder der späteren Germanen dorthin betrachtet.
Einen weiteren Anhaltspunkt für den direkten Ausgangspunkt der indogermanischen Stämme aus dem Nord / Ostseegebiet lieferte kürzlich Meier,
der aufgrund sprachwissenschaftlicher Indizien hier den Ausgangspunkt
der Perser nachwies ( Meier, DGG 4 / 2004). Die Hethiter waren
also - nicht nur linguistisch betrachtet - „ziemlich nahe Verwandte von uns“
(Brandau / Schickert).
Allerdings sprechen anthropologische Untersuchungen bislang gegen eine
direkte Verwandtschaft: Anhand von Untersuchungen von 22 Skeletten,
die zusammen mit 50 Brandbestattungen auf einem Friedhof entdeckt
wurden, stellte man typische Rundschädel fest, welche die vordem
üblichen S c h m a l s c h ädel ablösten und erst nach dem Zusammenbruch
des Hethiterreiches durch (für Indo g e r m a n e n typische) Langschädel
abgelöst wurden.
Allerdings wurde die Mehrzahl der Toten verbrannt, wodurch eine Untersuchung dieser Toten nicht möglich ist - in Frage käme jedenfalls eine gerade bei der langschädeligen Bevölkerungsschicht übliche Verbrennung, wie sie uns gegen
Ende des 2. Jahrtausends überall in Europa begegnet und mutmaßlich im
Laufe von Wanderungen üblich wurde.
Allein bleibt dies vorerst Spekulation. Die mit dem hethitischen Reich verknüpfte
Stadt Troja weist dagegen noch ältere Bezüge zu „indogermanischen“
Kulturen auf. In Schicht II wurden bereits Swastikas (Hakenkreuze)
aufgefunden, die überall dort erscheinen, wo indogermanische
Volksstämme auftauchen (zwar erstmals nachweisbar bei den bandkeramischen
Kulturen im Balkanraum und zeitgleich in Sumer - ca. 5500 v.u.Zt.-,
nach dem jedoch fast ausschließlich bei indogermanischen Völkern). Die
Hakenkreuze erscheinen dabei als Verzierung auf Spinnwirteln sowie
auf religiösen Idolen. Von besonderer Bedeutung ist jedoch ein Fund eines
Urnendeckels, der ebenfalls Schicht II zugeordnet werden kann und neben
dem Haken- / Wendekreuz als Sonnensymbol auch eine Schlange sowie
einen stilisierten Hirsch darstellt. Dieser wiederum war zwar auch in der
Gegend von Troja beheimatet, stellte jedoch lediglich in der nordischen Mythologie ein Seelentier dar, welches als Symbol auf religiösen Gefäßen
Verwendung fand (Muck, 1935). Damit verfügt die Forschung über einen
weiteren Beleg für die Annahme, daß Troja bereits frühzeitig als Schutzstadt
einer frühen Bernsteinstraße und zugleich als Handelszentrum für Metalle,
Schmuck und Pferde fungierte und Bestandteil eines nordisch / indogermanischen Handelsnetzes gewesen sein muß, welches später vertraglich in das Hethiter Reich integriert wurde, wobei es eine relative Eigenständigkeit bewahrte.
Durch seine Lage an der Dardanellen Meerenge kontrollierte es in den folgenden Jahrhunderten darüber hinaus jeglichen Handel zwischen Mittelmeer
und Vorderem Orient und gelangte so zu Reichtum, der wiederum Anlaß
für eine ganze Reihe von Kriegen um Troja bildete, deren letzter vermutlich
durch Homer in Erinnerung blieb.

 

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