Trojaburg
 
 

Germanen der Bronzezeit

Die Germanen, jenes barbarische und kriegerische Volk, welches im heutigen Skandinavien und Deutschland beheimatet gewesen ist, wurde erstmals vom griechischen Gelehrten Poseidonios im 1. Jahrhundert v.u.Zt. erwähnt („Fragmente“) bevor es von Caesar in seinem „De Bello Gallico“ ausführlicher beschrieben wurde. Von diesem stammt auch die Rheingrenze als künstliche Trennung zwischen Kelten und Germanen, die taktische Zwecke erfüllte.
Bereits um 320 v.u.Zt. hatte Pytheas von Massilia auf seinem Weg zum Ursprungsgebiet des Bernsteins die Stämme der Teutonen und Guionen erwähnt, ohne sie jedoch als Angehörige der Germanen zu identifizieren.
Vor dieser Beschreibung hat es offenbar keine Germanen gegeben, denn sie tauchen in keinerlei Quellen auf – diesen Eindruck könnte man zumindest bekommen, wenn man sich den wissenschaftlichen Stand der Frage nach den ersten Germanen betrachtet - sie tauchen also plötzlich in der Weltgeschichte auf.    
Woher der Name Germanen stammt, ist umstritten – einige wollen ihn auf den Speer, den Ger, zurückführen, andere sehen ihn als Bezeichnung für die enge Verwandtschaft zu den Kelten (Germanus = echt, im Sinne „echter Bruder“ ).
Interessant jedenfalls ist, daß – im Gegensatz zu den römischen Autoren – die Griechen weiterhin lediglich zwischen Skythen und Kelten trennten, ohne die Germanen in ihren geographischen Darstellungen zu berücksichtigen.
 Ob sich die Stämme zwischen Skandinavien und Alpen selbst als Germanen bezeichneten, ist umstritten. Jüngst hat Reinhard Wolters diese These zumindest im Hinblick auf jenen Stamm  befürwortet, der als erster den Rhein überschritten habe - die Tongerer,die nach Tacitus Germanen genannt wurden (erstmals von den Belgern?6). So lasse der von Caesar benutzte Zusatzterminus „Germani cisrhenani“ nur den Rückschluß auf eine vorhandene Eigenbezeichnung zu, die Caesar übernahm aber konkretisieren mußte (im anderen Fall hätte er direkt eine den Römern vertraulichere Bezeichnung gewählt). Dennoch hat sich dieser Name für alle Volksstämme jener Region heute durchgesetzt, obgleich er in der Antike nach ca. 200 Jahren wieder in Vergessenheit versank. Erst im Mittelalter erfuhr der Begriff eine Renaissance, nicht zuletzt durch Entdeckung der Schriften des Tacitus. Diese jedoch könnten eine Erfindung des Mittelalters sein, wenn man den durchaus plausiblen Ausführungen Gert Meiers folgt.³
Demzufolge spricht einiges dafür, daß sich die als Germanen bezeichneten Stämme als Teutonen bzw. Thiot- / Tuath-Völker begriffen - ein Name, von dem sich auch der Begriff thuidisc = deutsch ableitet und der schon für die Megalithbauer der Jungsteinzeit Verwendung fand und noch in den keltischen Mythen erscheint.³
Ungeachtet der Eigenbezeichnung ist man in der heutigen Forschung dazu übergegangen, die Menschen der nordeuropäischen Bronzezeit in eine Vielzahl von Kulturen zu differenzieren, die fein säuberlich, zu Dutzenden getrennt, im frühgeschichtlichen Europa verbreitet waren. Die Kultur, die man aus fachwissenschaftlicher Sicht zur germanischen Stammkultur erkoren hat, nennt sich „Jastorfer Kultur“ - nach einem eisenzeitlichen Gräberfeld bei Lüneburg.   
Eine der bekanntesten der bronzezeitlichen Kulturen dagegen, ist die „Aunjetitzer Kultur“,der auch die Bronzescheibe von Nebra zugerechnet wird.
Unterschieden von ihr wird der „Nordische Kreis“ der Bronzekultur, der erst einige Jahrhunderte später die Kunst der Bronzebearbeitung übernommen haben soll. Dies jedoch nicht etwa weil zeitgleiche Bronzefunde aus ihrem Verbreitungsgebiet fehlen, sondern ganz einfach deshalb, weil ja bekanntlich der Norden Europa schon immer rückständig war und man als Wissenschaftler im allgemeinen und als Frühgeschichtsforscher im besonderen nun mal ungern von lieb gewonnen Erkenntnissen, oder treffender, Dogmen, abrückt.
Zu den zeitlich mit den Funden der Aunjetitzer Kultur zusammenfallenden Relikten des nordischen Bronzekreises zählen vor allem der Sonnenwagen von Trundholm, sowie zahlreiche verzierte Bronzeschwerter, Rasiermesser und Schmuck.
Angesichts der großen Übereinstimmung sowohl der Technik als auch der Gestalt der Bronzeerzeugnisse wird deutlich, daß eine heute betriebene strikte Trennung der bronzezeitlichen Nordeuropäer nicht aufrecht zu erhalten ist. Mit anderen Worten: Nichts spricht dagegen, in den Trägern der einzelnen Kulturen ethnisch und kulturell eng verwandte Stämme zu erblicken, und angesichts einer fehlenden Einwanderung größerer Kulturgruppen in den nordischen Raum der Bronzezeit, spricht gleichsam nichts dagegen, diese Völker unter dem später für die ethnisch identischen Völker gebrauchten Oberbegriff zusammenzufassen, und dieser lautet heute - ob historisch korrekt oder nicht - Germanen. Jedenfalls dürften sich in der Bronzezeit die von den späteren Autoren beschriebenen Völker ausgebildet haben, ohne sich um die Abgrenzung nach „Kulturen“ späterer Wissenschaftler zu kümmern.
 Sicherlich gibt es auch gute Gründe, die Germanen unter „Kelten“ zu subsumieren, wie es bereits verschiedene Forscher vorgeschlagen haben,4 jedoch würden sich damit neue Probleme auch für die spätere Abgrenzung ergeben, da auch hier Unterschiede oftmals künstlich erichtet wurden, zumal sich die Sprache der frühen Germanen und Kelten kaum unterschieden haben dürfte.
 Im Bereich dieser „Frühgermanen“ nun, tritt dem Forscher eine kaum für möglich gehaltene Kulturhöhe entgegen. Während die Bronzeverarbeitung offiziell im Vorderen Orient zu Beginn des 3. Jahrtausends begonnen hat, scheint sich hier im Norden Europas die Kunst  der Bronzeverarbeitung zur höchsten Blüte entwickelt zu haben.
Hilfreich für eine solchen Vorsprung dürfte den Nordleuten dabei das Kupfer aus dem Helgoländer Raum gewesen sein, welches bereits den Menschen der Trichterbecherkultur zur Verfügung gestanden haben dürfte. Dieses Kupfer bietet mit seinem hohen Arsengehalt und einer natürlichen Zinnbeimischung die besten Voraussetzungen zur Optimierung der Bronzetechnik. Zugleich war jene Kupferabbaustätte auch ein bedeutendes Kultur-Zentrum des nordischen Kreises, von welchem aus Handelskontakte zu  den verschiedenen Kulturen bis hin nach Mykene und sogar Ägypten unterhalten wurden.2 Dieses Kulturzentrum bei Helgoland brachte Jürgen Spanuth in vielen Punkten überzeugend mit dem Atlantis der Plato-Überlieferung in Zusammenhang. Doch vermochte auch Spanuth nicht alle offenen Fragen bezüglich einer möglichen Übereinstimmung der Atlantis mit dem Helgoländer Gebiet befriedigend beantworten. Eine jener offenen Fragen hat Günter Bischoff mit seinem Beitrag zur „Großen Ebene von Atlantis“ aufgegriffen.

Dennis Krüger       
Literatur:
Wolters: Die Römer in Germanien. München 2000 (1)
Meller (Hg.): Der geschmiedete Himmel. Stuttgart 2004 (2)
Meier: Die deutsche Frühzeit war ganz anders. Tübingen 1999 (3)
Maass / Fell: Deutschlands Urahnen. Lemwerder 1999 (4)
WilhelmTeudt: Germanische Heiligtümer. Jena 1929 (5)
Peter Arens: Die Völkerwanderung der Germanen. Wien 2006 (6)

 

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