Trojaburg
 
 

Germanen & Römer - der 1. 30-jährige Krieg

Die erste Begegnung der expandierenden Weltmacht Rom mit den Stämmen des Nordens war ebenso einschneidend wie lehrreich für spätere römische Geschlechter.
Nachdem der letzte Vorstoß nordischer Stämme bis tief in den Süden mit der Eroberung Roms durch die Kelten und ihrem anschließenden Abzug nach Tributzahlungen bereits viele Generationen zurücklag (387 v.u.Zt.), machten sich im Jahre 120 v.u.Zt. erneut Stämme aus dem unbekannten Norden gen Süden auf.
Getrieben von einer Überbevölkerung in Verbindung mit klimabedingten Versorgungsschwierigkeiten, waren große Teile der germanischen Kimbern zusammen mit  verwandten Teutonen, Ambronen und Tigurinern (wobei die Mitwirkung keltischer Stämme an diesem Zug bzw. die Zugehörigkeit der erwähnten Stämme zu den Kelten umstritten ist – siehe hierzu Schmoeckel) aufgebrochen, neue Siedlungsräume zu erschließen.
Im Voralpenraum stieß der inzwischen auf fast 150 000 Menschen - darunter 35 000 Krieger – angewachsene Zug auf die Römer, mit denen sie in Verhandlung traten und Siedlungsräume oder zumindest freien Durchzug erbaten. Der römische Konsul Gnaeus Carbo ging zum Schein auf ihr Ansinnen ein, um sie aus dem Hinterhalt bei Noreia erledigen zu können. Von diesem Wortbruch derart in Rage versetzt, gelang es den Germanen nicht nur den Angriff abzuwehren, sondern überdies dem römischen Heer eine vernichtende Niederlage beizubringen. Dieser, durch die seitdem sprichwörtliche „Blauäugigkeit“ (= Leichtgläubigkeit) der Germanen begünstigte Angriff, lehrte den Römern erstmals den von den Germanen verbreiteten Schrecken, der ihnen noch später als „Furor Teutonicus“ in Erinnerung blieb.
In den folgenden Jahren gelang es den Germanen indes nicht, ein geeignetes Siedlungsgebiet zu finden, und trotz eines weiteren Sieges bei Arausio im Jahre 105 v.u.Zt., der mit Verlusten in Höhe von 80 000 Mann auf römischer Seite eine der schwersten Niederlagen der Tiberstadt darstellte, besiegelte der römische Konsul Marius in zwei gewonnenen Schlachten gegen die mittlerweile getrennt marschierenden Teutonen bei Aquae Sextiae (102 v.u.Zt.) und die Kimbern und Ambronen bei Vercellae (101 v.u.Zt.) das Schicksal der nordischen Auswanderer.

Mit Julius Caesar, der übrigens ein direkter Nachfahr des Marius war, begegneten sich Römer und Germanen erstmals im direkten Einflußbereich der Nordstämme. Im Zuge der Eroberung und Eingliederung Galliens in das römische Imperium traf Caesar 58 v.u.Zt. auf den Sueben-König Ariovist, der bereits seit 70 v.u.Zt. auf der Seite der gallischen Sequaner in die Kämpfe zwischen einzelnen gallischen Stämmen eingriff und das Land jenseits des Rheins als sein Interessen-Gebiet betrachtete.
In dem unvermeidlichen Konflikt mit dem pikanterweise einige Jahre zuvor ebenfalls noch als „Freund des römischen Volkes“ hofierten Germanen, gelang Caesar ein triumphaler Sieg, der zigtausenden Männern und Frauen des Ariovists das Leben kostete (da Caesar aus taktischen Gründen die Zahl seiner Gegner für gewöhnlich etwas aufblähte, läßt sich die genaue Zahl der Gegner und der Verluste nicht verifizieren) - die Überlebenden flohen zurück über den Rhein.
Anschließende Rheinübergänge mit kleineren Vorstößen in germanisches Gebiet nutzte Caesar lediglich als Machtdemonstration ohne strategische Ziele damit zu verbinden. Dennoch stellte Caesar auf politischem Gebiet die Weichen für eine künftige Integration des germanischen Raumes in das Römische Reich.
Sein bereits bei der Eroberung Galliens erfolgreich angewendetes Erfolgsrezept war die Ausspielung der seit alters her vorhandenen Gegensätze innerhalb der nordischen Stämme. Durch die Verleihung von Ehrentiteln als „Freunde des römischen Volkes“ band er einzelne Stämme - bzw. deren herrschende Schichten - an sich und unterstützte diese dann bei unausweichlichen Konflikten mit ihren Nachbarn. Durch diese als Freundschaftshilfen deklarierten Vorstöße forderte er im Gegenzug auch militärische Unterstützung seiner „Freunde“ bei eigenen Vorstößen. Noch ehe die germanische Führerschaft dieses perfide Spiel durchschaute, war es Caesar gelungen, in den Ubiern einen wertvollen Bündnispartner gewonnen zu haben, wobei ihm dabei auch die Empfänglichkeit einiger germanischer Adliger für die Vorzüge römischer Zivilisation entgegen kam.
Weiteren expansiven Bestrebungen Caesars standen jedoch innenpolitische Machtkämpfe entgegen, die in Caesars Machterringung in Rom nach seinem Weggang aus Gallien kulminierten.

In den Jahren bis zum Amtsantritt Octavians/ „Augustus“ kam es unter den römischen Konsuln Gallus und Carrinas zu weiteren Auseinandersetzungen mit Germanen, die positiv für die Römer beschieden wurden. Im Jahr 17/16 v.u.Zt. jedoch eskalierten die Konflikte im Grenzgebiet  Germaniens. In diesem Jahr Jahr wurden römische Centurionen von Sugambrern, Usipetern und Tenkteren ergriffen und gekreuzigt (!), vermutlich als Reaktion auf römische Versuche der Einforderung von Tributleistungen².
Die anschließende Vergeltungsaktion der Römer unter dem Legaten Lollius endete in einer vernichtenden Niederlage seiner eingesetzten Legion. Als Reaktion auf diese Geschehnisse verlegte Augustus seine aufgestockten Ostlegionen in grenznahe Kastelle in Nijmegen, Xanten, Moers-Asperg, Neuss, Mainz und Bonn (?) und schuf so die strategische Ausgangsbasis für die kommende Expansion in den Osten.
In Reaktion auf germanische Vorstöße über den Rhein im Jahre 12 v.u.Zt., stieß Drusus, der Stiefsohn Augustus, bis tief nach Germanien und verheerte Gebiete der Usipeter und Sugambrer. Mit seiner zweiten Militäraktion des gleichen Jahres unternahm Drusus erstmals den Schritt von der Vergeltung oder Vorwärtsverteidigung gegen das Römische Reich bedrohende Stämme zur Ausweitung auf bislang unbeteiligte Stämme.
Hierbei wurde erstmals eine große Flottenexpedition über die Nordsee nach Friesland vorgetragen, in deren Verlauf sich die Friesen mit den Römern solidarisierten. Dabei errang Drusus kleinere Siege über Stämme der Brukterer und anderer. In den Folgejahren kam es zu Kämpfen mit den Cheruskern, Chatten sowie Markomannen.
Schließlich weitete Drusus im Jahre 9 v.u.Zt. das römische Einflußgebiet bis an die Elbe aus, bevor er bei einem Unfall verstarb. Mit seinem Nachfolger Tiberius setzte eine Zeit der Konsolidierung ohne größere militärische Konflikte ein, wobei sich auch hier das römische Prinzip des „divide et impera“ in Gestalt der Schaffung neuer Bündnispartner als fruchtbar erwiesen haben dürfte.
Der römische Autor Paterculus schrieb über Tiberius: „.. er unterwarf Germanien so vollständig, daß er es fast zu einer tributpflichtigen Provinz machte“ – Dieses „fast“ dürfte jedoch den kleinen aber bedeutenden Unterschied zur Amtsführung des Varus ausgemacht haben, der ab dem Jahre 7 u.Zt. die Geschicke der vermeintlichen römischen Provinz lenkte. Nachdem es in den Jahren 4 und 5 u.Zt. zur letzten großen Auseinandersetzung Tiberíus mit germanischen Stämmen der Brukterer, Chauken, Cherusker und Langobarden im „bellum immensum“ gekommen war, schien nach dem römischen Sieg das Gebiet zwischen Rhein und Elbe endgültig befriedet, ohne jedoch bereits eine Provinz im üblichen römischen Sinne mit Tributleistungen u.ä. darzustellen.
So wird die Lage verständlich, der sich die Germanen ausgesetzt sahen, als mit Varus ein despotischer Statthalter eingesetzt wurde, der rücksichtslos Tributforderungen einführte und blutig durchsetzte. Sueton berichtete über Varus, er sei als Statthalter von Syrien „arm in ein reiches Land gekommen, um als reicher Mann ein armes Land zu verlassen“.
                Dennis Krüger
Literatur:
Reinhard Schmoeckel: Bevor es Deutschland gab. Bergisch-Gladbach 2000 (1)
Rainhard Wolters: Die Römer in Germanien. München 2000 (2)
Bildersaal deutscher Geschichte. (3)


 

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