Trojaburg
 
 

Die Externsteine - eine germanische Kultstätte

Die Externsteine, jene imposante Gesteinsformation am Rande des Eggegebirges unweit der Ortschaft Horn zwischen Detmold und Paderborn, sorgte in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung seit frühester Zeit für erhebliche Kontroversen.
Nachdem aus älterer Überlieferung nie ein Zweifel an der vorchristlichen Existenz eines Heiligtums an den Externsteinen bestanden hat (so etwa Goethe; Hamelmann) , suchte die christliche Kirche im Laufe der Zeit das Gegenteil zu erweisen, nämlich die Schaffung der Anlage erst um das Jahr 1110. Zu dieser Zeit sollen christliche Mönche des Klosters Abdinghof nach Erwerb der Externsteine im Jahre 1108 die gesamte Anlage bis 1115, dem als Inschrift genannten Jahr der Einweihung der Kapelle, erschaffen haben, nachdem sie - ausweislich einer Kaufurkunde - 1093 erworben worden wäre.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts entsprang in Deutschland ein neues Interesse an der Untersuchung der Externsteine, die untrennbar mit dem Namen Wilhelm Teudt verbunden ist. Dieser stellte die Externsteine in das Zentrum seines mit dem 1929 erschienenden Buch „Germanische Heiligtümer“ erbrachten Nachweises germanischer Astronomie und Religionsausübung.
Wie zu erwarten, war das Buch und auch Teudt selbst schwersten Angriffen vor allem von Seiten der Kirche ausgesetzt, die das Ende einer liebgewonnen Legende fürchteten.  Mit dem Einsetzen der nationalsozialistischen Macht eröffnete sich nun die Möglichkeit, eine wissenschaftliche Untersuchung mit offizieller staatlicher Unterstützung durchführen zu können. 1934/ 35 wurde die größte wissenschaftliche Untersuchung der Externsteine durch Professor Julius Andree der Universität Münster im Auftrage der lippischen Landesregierung durchgeführt, die sowohl die erstmalige Vermessung der gesamten Anlage sowie eine genaue Untersuchung und verschiedene Grabungen beinhaltete. Aufgrund dieser Untersuchung sahen sich Teudt und andere Externstein – Forscher in ihrem Glauben bestärkt, in den Externsteinen den Kern einer frühgermanischen Kultstätte erblicken zu dürfen. Wissenschaftlich zweifelsfrei ließ sich jedoch anhand der Untersuchung lediglich die vorchristliche Nutzung der Externsteine als Kultort nachweisen, wann genau die Externsteinanlage erstmalig bearbeitet wurde, blieb ebenso im dunkeln wie der Nachweis der genauen astronomischen Bestimmung der Externsteine.
Nichtsdestotrotz gab es auch in der wissenschaftlichen Forschung dieser Zeit, die ja oftmals den Vorwurf über sich ergehen lassen muß, mit der herrschenden Meinung der nationalsozialistischen Verwaltung gleichgeschaltet gewesen zu sein, einige Gegenstimmen. Hier ist besonders die Veröffentlichung von Alois Fuchs zu nennen, die jedoch mit der Grabung weitgehend überholt war.
Nach Kriegsende 1945 wurde wie auf fast allen Gebieten der wissenschaftlichen Forschung die unter der Herrschaft des dritten Reiches gewonnen Erkenntnisse kurzerhand zu tendenziöser Gefälligkeitswissenschaft im Dienste der Nazis. Die Aburteilung der bisherigen Erkenntnisse als „Externsteinerummel der Nazizeit“ gehörte dabei noch zu den gutmütigen Urteilen.  Seit dieser Zeit galt für Jahrzehnte der Glaubenssatz der Nichtexistenz einer vorchristlichen Gegenwart eines Heiligtums an den Externsteinen.
Besonders hervorzuheben aus der Literatur der Leugner einer vorchristlichen Nutzung der Externsteine ist Johannes Mundhenks umfangreiches Werk, welches auf beachtliche Fördermittel öffentlicher und kirchlicher Stellen zurückgreifen konnte (Professor Schlosser bemerkte über dieses Werk, er „habe noch nie ein Werk gelesen, das so viel Akribie mit so viel Unwissenschaftlichkeit verband“; Megalithos 3/2002).*
Jedoch erwies sich auch hier die Unmöglichkeit der Aufrechterhaltung einer Lüge über Generationen hinweg. Mit dem Eifer der älteren, aufrichtigen Externsteinforscher wie Walther Matthes, Freerk Haye Hamkens oder Walther Machalett - angereichert durch das unbedarften Forschen junger Wissenschaftler die sich der lange vernachlässigten Frühgeschichte zuwandten, erfuhren auch die Externsteine eine lange fällige Reputation als vorchristliche Kultstätte.

So wies Ulrich Niedhorn die naheliegende Fälschung sowohl der Kaufurkunde von 1093 als auch der Inschrift von 1115 nach. Weiterhin gelang es durch den Nachweis von Bearbeitungsspuren am Rundfenster einer Höhenkammer, am großen Block vor den Steinen sowie am Schalensitz des höchsten Felsens durch Stein-Picken, eine jungsteinzeitliche Bearbeitung nahezulegen. Für die „keltische“ Zeit um 500 v.u.Zt. ergab eine Thermolumineszenz-Altersabschätzung Nutzungsspuren, für die germanische Nutzung seit der Zeitenwende sprechen Stahlpicken-Bearbeitungsspuren in vormittelalterlicher Technik, etwa am Adlerrelief.
Großflächige Zerstörungsspuren, die aus der Zeit seit dem 9. Jahrhundert, der Zeit der Sachsenkriege, stammen und auf die bereits Teudt hingewiesen hatte, komplettieren das Bild der Untersuchungen Niedhorn einer vorchristlichen Kultstätte an den Externsteinen.
Dazu traten astronomische Befunde:
Nachdem bereits Rolf Müller 1970 die Annahme Wilhelm Teudts überprüfte, der eine Nutzung des Turmzimmers an den Externsteinen zur Beobachtung des Sonnen- und Mondaufgangs um 1800-1700 v.u.Zt. vermutete, und diese auch bestätigen konnte, festigte der renommierte Astronom und Mathemathiker Wolfhard Schlosser kürzlich diese Annahme. Zumindest die Nutzung der Steine als Sonnenbeobachtungsstätte (Bestimmung der Tag- und Nachtgleiche, Beobachtung Sommersonnenwende um das Jahr 0) kann seitdem als erwiesen gelten und darüber hinaus, ging Schlosser ebenfalls von einer weit zurückreichenden Nutzung und Bearbeitung der Externsteine bis in die Jungsteinzeit hinein aus.  

Einen weitern interessanten Aspekt der Externsteinnutzung erbrachte Elisabeth Neumann-Gundrum als sie in ihrer Veröffentlichung eine Bearbeitung der Felsen in Form von Menschen- und Widderkopf- sowie Frauen- Darstellungen nachwies, denen sie mindestens ein jungsteinzeitliches Alter attestierte. Hier erfuhr sie Schützenhilfe durch verschiedene Forscher, u.a. Niedhorn, der sich positiv dazu äußerte.
Selbst der Spiegel, der noch 1996 die Germanen in einer Titelgeschichte als „barbarische Vorfahren“ abstempelte (Der Spiegel 44/ 1996) schloß sich der Meinung dieser kürzlich durchgeführten Untersuchungen an und würdigte nun die Leistung der „kleinen Einsteins Urgermaniens“.
Dennoch stemmt sich ein Großteil der akademischen Forscher geradezu weltfremd gegen die Beweisflut und spricht unbeirrt von fehlenden Beweisen für eine heidnische Kultstätte an den Externsteinen.  Wie weit der Arm dieser scheinbar unverbesserlichen „Universitätskoriphäen“ reicht, bewies die offizielle Darstellung in Form des bei den Externsteinen erhältlichen Faltblattes in dem diese veraltete Meinung jahrelang entgegen besseren Wissens weiterhin aufrecht erhalten wurde , bis man 1994 wenigstens eine „auch vorchristliche“ Nutzung festhielt.

Dennoch spricht einiges dafür, daß   sich vor allem kirchlich unterstützte Kreise der Fachwissenschaft noch nicht geschlagen geben und auch in Zukunft von lieb gewonnenen Ansichten nicht ohne weiteres abrücken: Auf eine Anregung Professor Schlossers, der in persönlichen Schreiben an verschiedene archäologische und Frühgeschichts- Institute zu neuen Forschungsansätzen anregte, bekam er übereinstimmend zur Antwort, daß man „kaum Spielraum für neue Maßnahmen und Forschungsansätze an den Externsteinen sehe“.
So nimmt auch der erneute Gegenstoß nicht Wunder, der anhand neuer Thermolumineszens-Datierungen eine Nutzung der Anlage erst für das frühe Mittelalter nachweisen wollte. Der Haken an diesen Untersuchungen lag jedoch ausweislich eigener Aussagen an dem Umstand, daß mit der verwendeten Methode nur die jüngsten und nicht die ältesten Brandspuren datiert werden konnten.
Die Ernsthaftigkeit derartiger „Schildbürger“-Untersuchungen scheint dabei weniger im Mittelpunkt zu stehen, als die beim Leser zurückbleibende Aussage, fehlender Beweise für eine vorchristliche Nutzung.  
Doch darf man angesichts der Fülle von Beweisen und zu vermutenden weiteren Erkenntnissen davon ausgehen, daß sich im Laufe der Zeit auch hier die Wahrheit restlos Bahn brechen wird und die Externsteine auch in der Lehrliteratur an Schulen und Universitäten die ihnen zustehende Aufmerksamkeit erlangen werden.
         
               Dennis Krüger
Literatur:
Externsteinforschung im Spiegel der 30er Jahre. Quellensammlung. Bottrop 2004
Fuchs, Alois: Im Streit um die Externsteine. Paderborn 1934
Hamkens, Freerk Haye: Der Externstein.Tübingen 1971
Mundhenk, Johannes: Forschungen zur Geschichte der Externsteine, Bd. 1-4. Lemgo 1980-83
Niedhorn, Ulrich: Vorgeschichtliche Anlagen an den Externsteinen.Frankfurt 1993
Schlosser, W./ Cerny, J: Sterne und Steine. Darmstadt 1996
Teudt, Wilhelm: Germanische Heiligtümer. Jena 1929      

* In der alten Fassung des Artikels wurde Gerhard Hess fälschlich als Leugner einer vorchristlichen Nutzung der Externsteine genannt. Diese Behauptung ist falsch. Allerdings spricht sich Gerhard Hess gegen die Bezeichnung der umgeknickten Säule auf dem Kreuzabnahme-Relief als Irminsul aus und hält diese für eine orientalische Dattelpalme. Die Bezeichnung dieser Säule als Irminsul, wie sie von Wilhelm Teudt a.u. mit guten Gründen erfolgte, wird von ihm als "Bärendienst" an der heidnischen Sache bezeichnet. Der Autor dieses Textes ist hier anderer Auffassung.

Dennis Krüger

 

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