Trojaburg
 
 

Ostara - germanische Gottheit oder Erfindung?

Jugendstil-Darstellung der Ostara
Ostastein von Schaumburg

„Ostara ist ein von Jacob Grimm durch philologische Vergleiche als Name hergeleiteter Begriff für eine vermeintliche germanische Frühlingsgöttin. Als Quelle bezog sich Grimm dabei auf den angelsächsischen Mönch und Kirchenhistoriker Beda, der die Herkunft des Wortes „Easter“ (Ostern) mit einer früheren germanischen Göttin namens „Eostrae“ erklärte. In der Romantik fand Grimms Annahme einer Ostara starken Anklang, wurde seither oft für die Erklärung von Osterbräuchen herangezogen und fand so bis in die jüngste Vergangenheit Eingang in Lexika und Schulbücher. In der Fachwissenschaft ist die Annahme einer germanischen Ostara schon länger umstritten und wird in der Regel abgelehnt.“ (Wikipedia: Ostara)

So der Stand der herrschenden Lehrmeinung. Doch wieso waren Grimm und andere Autoren von der Existenz dieser Göttin überzeugt und warum widerspricht die heutige Lehre?

In seiner „Deutschen Mythologie“ schrieb Jakob Grimm:

„Die beiden göttinnen, welche Beda (de temporum ratione cap. 13) ganz kurz, ohne nähere schilderung, bloß zur erklärung der nach ihnen benannten monate anführt, sind Eástre und Hrede; von dieser hat merz, von jener april seinen sächsi[s]chen namen.“ (Jakob Grimm: Deutsche Mythologie).

Die Überlieferung von Beda lautete:

„Der Eosturmonath, heute Passahmonat bezeichnet, war früher benannt nach einer ihrer Göttinnen, welche Eostre genannt wurde, zu deren Ehren Feste in diesem Monat gefeiert wurden. Jetzt benennen sie die Passahzeit mit ihrem Namen, womit die Freuden der neuen Feierlichkeit unter dem Namen der altehrwürdigen Göttinnenverehrung angerufen werden.“ (De temporum Ratione Kap. 15)

Schon Grimm hielt die Erfindung der Göttin durch den frommen Beda als „unwahrscheinlich“ und zog weitere etymologische Indizien zur Unterstützung der These heran; unter anderem den bei Eginhard erwähnten „ôstârmanoth“ (Ostermonat, althochdeutsch für April; bei Einhard: „Vita Karoli Magni“ – Leben Karls des Großen), und kam zu dem Schluss: „Ostara, Eástre mag also Gottheit des strahlenden Morgens, des aufsteigenden Lichts gewesen sein, eine freudige, heilbringende Erscheinung, deren Begriff für das Auferstehungsfest des christlichen Gottes verwandt werden konnte.“

Zudem weisen auch verschiedene Flur- und Ortsnamen wie Osterode, Osterholz oder Oesch (auch Austerthal) sowie der aus Westfalen stammende „Osta-Stein“ – eine im 16. Jh. gefundene Votivtafel – auf die einstige Existenz einer Ostara. Die Tafel ist nur noch in Nachzeichnungen erhalten und zeigt eine männliche oder weibliche Figur mit Hörnerhelm, die ein überquellendes Füllhorn trägt, und daneben einen Kreis (als Sonne oder Vollmond gedeutet) und einen Halbmond. Zudem zeigt die Zeichnung einen Runenspruch: »dhu gautar osta, ous il sin grosta –« (in etwa: »Du guter Osta, aus deinem Antlitz leuchtet –«).

Doch alle Quellenüberlieferung, etymologischen und archäologischen Hinweise wurden von der Forschung kurzerhand als nicht beweiskräftig bewertet. Ortsbezeichnungen waren demnach allein von der östlichen Himmelsrichtung abgeleitet und Quellenüberlieferungen wie die Bedas oder Einhards lediglich frommer Irrglaube – der Osta-Stein schließlich eine plumpe Fälschung. Hauptargument für die Ablehnung einer germanischen Ostara schließlich wurde ihre mangelnde Erwähnung in den germanischen Edda- und Skaldendichtungen. So hätte das Thema Ostara ein schnelles Ende finden können, wenn es nach dem Willen der Mehrheit der Forscher gegangen wäre.

Problematisch wurde es allerdings, als einige anweichende Forscher eine Verwandtschaft der Ostara mit anderen indogermanischen Frühlingsgottheiten nachweisen konnten, hier insbesondere Ernst Krause, der  bereits 1893 in „Tuiskoland“ schrieb:  „Die Litauer nannten die Göttin der Morgenröte, welche bei den Germanen der Sonnengottheit selbst entsprach, gewöhnlich Ausra, … Auska, und das ist dasselbe Wort wie der Sanskritname Ushas für die dieselbe Göttin, und entspricht dem altrömischen Namen Ausosa (später Autora), dem griechischen Eos und den altsabinischen und etruskischen Namen des Sonnengottes Auselius (später Aurelius) und Usil (Ozeul). Die litauischen Worte auszta oder auszo, tagen, die altnordischen austur, Ostara, ostan schließen sich an. Wir haben hier eine große, uralte Wortfamilie, die sich durchweg mehr oder weniger auf die sonne bezieht.“ (Ernst Krause: Tuiskoland, S. 209).  Ostara wäre dabei die – im Osten aufgehende – Sonne der Morgenröte, die später als Gottheit des Frühlingsbeginns verehrt worden sein könnte.    

Tatsächlich sind die uns erhaltenden Überlieferungen der Edda und Skaldenzeit späte Niederschriften, die keine Einblicke in das vorwotanistische Glaubenssystem bieten, in denen die Sonne und ihre Verkörperungen, einschießlich der Göttin der Morgenröte bzw. des Frühlings, zu der auch Ostara zählen würde, eine große Rolle spielten.  

So wird anhand der vergleichenden Religionsforschung eine indogermanische Göttin der Morgenröte (*H2eusōs f.) heute unzweifelhaft angenommen. Zu ihnen zählen die indische Uṣāḥ, die griechische Eos, die römische Aurora und die litauische Aušrinė. In die gleiche Kategorie gehören die kanaanitische Astarte und die babylonische Is(h)tar. Selbst bei den Guanchen der Kanarischen Inseln hat sich der Name „Tara“ in Form der weiblichen Himmelsgottheit überliefert.

Zwar kann aus dem Vergleich eine germanische Göttin *Austrô / Ostara nicht direkt bewiesen werden, allerdings wird ihre Existenz doch in den Bereich des möglichen gerückt.  

„Die Existenz einer allgemein verbreiteten indoeuropäischen Göttin der Morgenröte und des Sonnenaufgangs, vielleicht des Lichts schlechthin, deren Name auch sprachlich überall eng mit unserer hypothetischen Austro verwandt ist, ist damit zweifelsfrei belegt.
All das ist zwar noch kein Beweis dafür, dass es sie deshalb bei den Germanen auch gegeben haben muss, denn die individuelle Entwicklung der einzelnen Gottheiten hat in den einzelnen indoeuropäischen Kulturen nach Trennung der ursprünglichen Sprachfamilie noch erhebliche Sonderwege durchlaufen. Auf einfache Weise widerlegt wird dadurch aber schon mal die unsinnige Behauptung, dass es außer dem deutschen Begriff
Ostern überhaupt keinen weiteren Anhaltspunkt für die Existenz einer solchen Göttin gebe. Die Existenz der fraglichen Gottheit ist zwar mit etlichen Unsicherheiten behaftet. Im Gegensatz zu vielen anderslautenden Behauptungen ist aber jeder Versuch eines Gegenbeweises mangels überzeugender Argumente (und vor allem mangels Kenntis der harten Fakten!) bisher noch kläglicher gescheitert.
Bei all dem erstaunt vor allem die Hartnäckigkeit der entsprechenden Versuche, deren Motive und Stoßrichtungen nicht ganz nachvollziehbar sind. Denn fast alle in den antiken lateinischen Quellen genannten Gottheitsnamen der Germanen sind mit weit größerer Unsicherheit behaftet (nur einmal erwähnt, keine Entsprechung in den altnordischen Quellen, keine theophoren Orts- oder Personennamen, keine archäologischen Befunde), ohne dass man hier mit vergleichbarem Eifer agitieren würde“,

wie der Autor auf "Wurzelkamille" den Sachstand gut zusammenfaßt.

Eine Antwort auf die Frage nach der Ursache für die Bekämpfung der Ostara bietet dabei ein Blick auf die Gegenargumente gegen die Quellen eine Antwort:

So wirft man Grimm wie auch allgemein der deutschen „Romantik“ ihr großes Interesse an einer germanischen Religion als eigenständiger Grundlage deutscher Kultur vor.

Im Gegenzug muß konstatiert werden, dass also jene eigenständige germanische Religion – in Zusammenhang mit der Entlarvung der christlichen Aneignung alten Mythengutes – Grund für die Bekämpfung der Ostara sind: Alle Hinweise auf die alte, vorwotanistische Religion der Germanen soll ausgelöscht werden, um zu verdecken, dass die sogenannten christlichen Neuerungen wie der Monotheistische Grundcharakter, der Gottessohn und ein Großteil des Symbolismus in Nordeuropa schon lange vor Einführung des orientalischen Christentums bekannt waren.

Beachten Sie zu dieser Thematik die neue Veröffentlichung im Forsite Verlag: Irdische Unsterblichkeit

 

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